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Klimawandel und Entwicklung Landwirtschaft und Klima
Agrar- und Ernährungssysteme müssen resilienter, das heißt krisenfester gemacht werden.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind insbesondere in den Ländern des Globalen Südens (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zu spüren. Vor allem indigene Völker sowie kleinbäuerliche Familien, deren Lebensunterhalt direkt von natürlichen Ressourcen abhängt, sind betroffen. In Afrika arbeiten mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, meist als Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Steigende Durchschnittstemperaturen, unzuverlässige Regenzeiten und Extremwetterereignisse gefährden die landwirtschaftliche Produktion und damit ihre Existenzgrundlage.
In Kombination mit stark schwankenden Nahrungsmittel- und Energiepreisen und Konflikten, die der Klimawandel noch verschärft, sind dramatische Auswirkungen gerade auf jene Menschen zu beobachten, die ohnehin schon in Armut leben. Diese Situation hat sich durch die Corona-Pandemie und Russlands Krieg gegen die Ukraine noch verschlechtert. Im Jahr 2022 hungerten weltweit im Schnitt rund 735 Millionen Menschen und somit 122 Millionen mehr als 2019.
Den Agrar- und Ernährungssystemen kommt eine entscheidende Bedeutung bei der Bewältigung der Klimakrise zu. Derzeit verursachen Agrar- und Ernährungssysteme – von Landnutzungsänderungen über die Nahrungsmittelproduktion bis zu Verpackung, Transport und Konsum – mehr als 40 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Hierfür verantwortlich sind insbesondere die Umwandlung von Wäldern und Mooren in landwirtschaftliche Fläche, die Produktion von Fleisch, übermäßiger Gebrauch von mineralischem Dünger sowie Nahrungsmittelverluste und -verschwendung. Auch sich ändernde Ernährungsgewohnheiten und eine steigende Nachfrage nach Produkten wie Palmöl, Soja und Rindfleisch, insbesondere in Ländern des globalen Nordens, spielen hier eine Rolle.
Benötigt werden emissionsarme und widerstandfähige Agrar- und Ernährungssysteme
Es ist möglich, bis 2050 die nachhaltige Versorgung von rund zehn Milliarden Menschen mit gesunden Nahrungsmitteln sicherzustellen. Dafür braucht es jedoch eine triefgreifende Veränderung der Landnutzung, der Produktionsverfahren und des Konsumverhaltens. Unsere Agrar- und Ernährungssysteme müssen emissionsarm und klimaresilient (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) werden.
Die Vermeidung von Treibhausgasemissionen ist eine wesentliche Grundlage dieser Transformation. Parallel dazu braucht es wirkungsvolle Maßnahmen, die kleinbäuerliche Betriebe dabei unterstützen, sich besser an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen und widerstandsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu werden. Zusätzlich müssen Ernährungsgewohnheiten und das Konsumverhalten verändert werden. Und das möglichst schnell und zeitgleich.
Es existiert bereits eine Vielzahl an Ansätzen, Innovationen und Technologien, die sowohl zur Klimaanpassung als auch zur Minderung des Treibhausgasausstoßes beitragen. Viele der klimarelevanten Maßnahmen in der Landwirtschaft haben auch positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit, etwa in den Bereichen Wasserressourcenmanagement, Waldschutz, Agroforstwirtschaft und nachhaltige Bodenbewirtschaftung. Es gilt nun, diese Maßnahmen an die jeweiligen Standorte und Bedingungen anzupassen und zügig umzusetzen.
Grundlagen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
Die BMZ-Kernthemenstrategie: „Leben ohne Hunger“ zielt langfristig auf eine sozial und ökonomisch gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme ab.
In diesem Rahmen fördert das BMZ Klimaresilienz und Klimaschutz in der Ernährungssicherung, ländlichen Entwicklung und in der Landwirtschaft.
Dabei ist es wichtig, die vielfältigen Ansätze so auszubalancieren, dass konkurrierende Interessen berücksichtigt und Zielkonflikte zwischen Schutz und Nutzung natürlicher Ressourcen vermieden oder verringert werden.
Die Partnerländer werden über eine Vielzahl an Maßnahmen unterstützt:
- Agrarökologische Ansätze schonen Ressourcen, erhalten Ökosysteme und schützen die Biodiversität.
- Durch Bodenschutz und die Regeneration degradierter (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Böden wird die Fruchtbarkeit und Wasserspeicherkapazität von Böden erhöht und die Speicherung von Kohlenstoff ermöglicht.
- Ein integriertes Wasserressourcenmanagement (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), eine angepasste Bewässerungsinfrastruktur und wasser- und energiesparende Technologien sind unverzichtbar für die Anpassung der Agrar- und Ernährungssysteme an eine zunehmende Ressourcenknappheit.
- Ein umfassendes Risikomanagement im Rahmen von Agrarversicherungen, digitalen Klimainformationsdiensten und Frühwarnsystemen unterstützt die Kleinbäuerinnen und -bauern dabei, Klimarisiken zu schultern.
- Innovationen entlang landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) tragen zur Emissionsminderung und zur Reduzierung von Nahrungsmittelverlusten bei. Die Förderung von Nachhaltigkeitsstandards für entwaldungsfreie und klimafreundliche Lieferketten ist für den Klimaschutz von großer Bedeutung.
Deutschlands multilaterales Engagement
Landwirtschaft in internationalen Klimaverhandlungen berücksichtigen
Bei der Weltklimakonferenz 2017 in Bonn (COP23) wurde der enge Bezug zwischen Landwirtschaft und Klima international anerkannt. Seitdem engagiert sich Deutschland unter anderem im Rahmen des Mandats der „Koronivia Joint Work on Agriculture (Externer Link)“ in Workshops und Expertentreffen zu Lösungsansätzen für eine klimaresiliente und emissionsarme Landwirtschaft.
Bei der Weltklimakonferenz (COP27) im November 2022 im ägyptischen Sharm El-Sheikh wurde eine Verlängerung der Zusammenarbeit beschlossen. Sie soll auf den bisherigen Ergebnissen aufbauen und einen stärkeren Fokus auf die Umsetzung von transformativen Maßnahmen legen.
Agrar- und Ernährungssysteme in nationaler Klimaplanung verankern
Die nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) bilden das Herzstück des Pariser Klimaabkommens. Für viele Partnerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) stellt die Formulierung und Umsetzung dieser NDCs eine große Herausforderung dar.
Das BMZ unterstützt seine Partnerländer dabei, Minderungs- und Anpassungsziele auch für die Agrar- und Ernährungssysteme in ihren NDCs zu verankern und entsprechende Aktivitäten umzusetzen.
Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unterstützen
Der Klimawandel stellt insbesondere kleine landwirtschaftliche Betriebe vor existenzielle Herausforderungen. Mit 33 Millionen Euro fördert das Bundesentwicklungsministerium das Anpassungsprogramm für kleinbäuerliche Landwirtschaft (ASAP) des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)).
Gemeinsam mit anderen Gebern trägt das BMZ damit zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit von rund acht Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in über 40 Ländern bei.
Mit Innovationen die Klimaresilienz steigern
Das BMZ beteiligte sich an der Förderung der internationalen Agrarforschung und hat mit 20 Millionen (2019) beziehungsweise 35 Millionen Euro (2020) zur Finanzierung der 17 internationalen Agrarforschungszentren beigetragen.
Die Forschungszentren entwickeln und verbreiten Innovationen, welche die Resilienz von Kleinbauern gegenüber den Folgen des Klimawandels stärken und zu nachhaltigeren Agrar- und Ernährungssystemen beitragen.
Entwaldungsfreie Lieferketten und nachhaltigen Konsum fördern
Rund 90 Prozent der Entwaldung sind auf die Ausweitung der Landwirtschaft zurückzuführen. Daher unterstützt das BMZ Partnerländer, Unternehmen sowie Kleinbäuerinnen und -bauern dabei, entwaldungsfreie Lieferketten von Agrarrohstoffen wie Soja, Palmöl, Kakao oder Naturkautschuk aufzubauen.
Zudem unterstützt das BMZ die ehrgeizig formulierte EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU sicher sein können, durch den Kauf von Agrarrohstoffen nicht zur Entwaldung beizutragen.
Mit Zahlungen für Ökosystemleistungen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unterstützen
Eine wesentliche Grundlage für die Reduzierung von Armut sind Achtung, Schutz und Gewährleistung aller Menschenrechte. Nur wenn die für ein menschenwürdiges Leben grundlegenden Rechte respektiert und geschützt werden, können die Menschen ihr Leben selbstbestimmt, politisch und wirtschaftlich frei nach ihren Möglichkeiten in der Gesellschaft gestalten. Und nur dann haben sie die Chance, sich selbst aus ihrer Armut zu befreien, für ihre Interessen einzutreten und ein Leben in Würde und frei von Angst zu führen.
Das Konzept „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ verankert den Menschenrechtsansatz fest in der Entwicklungspolitik. Damit ist die systematische und übergreifende Orientierung an Menschenrechten verbindlich für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit.
Besser gegen Klimarisiken und Ernteausfälle absichern
Afrikanische Länder sind besonders von Dürren bedroht. Durch den Klimawandel wird ihre Häufigkeit zunehmen. Deutschland unterstützt deshalb im Rahmen der globalen InsuResilience-Partnerschaft den Ausbau von Klimarisikoversicherungen im Agrarbereich, unter anderem über die Versicherungen der African Risk Capacity (ARC).
Mehr als 30 afrikanische Staaten sind bereits Mitglied der ARC. Insgesamt konnten so bisher 72 Millionen Menschen gegen Dürre und andere Klimarisiken abgesichert werden.
Stand: 08.06.2023