Die Syrienkrise
Engagement des Entwicklungsministeriums (BMZ) für die Menschen, die vor der militärischen Eskalation zwischen der Hisbollah und Israel nach Syrien geflohen sind
Die militärische Eskalation zwischen der Hisbollah und Israel bringt großes Leid für die Menschen im Libanon. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht, rund 425.000 von ihnen sind laut Angaben der Vereinten Nationen in das Bürgerkriegsland Syrien geflohen (Stand: 22.10.2024). Unter den Flüchtlingen befinden sich sowohl Syrerinnen und Syrer, die im Libanon Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land gesucht hatten, als auch Libanesinnen und Libanesen sowie palästinensische Flüchtlinge.
Die Versorgungslage in Syrien ist durch den nunmehr 13 Jahre andauernden gewaltsamen Konflikt und eine humanitäre Notlage im Land sehr schwierig. Mit mehr als sieben Millionen Menschen beherbergt das Land weltweit bereits die größte Anzahl an Binnenvertriebenen.
Um die Daseinsvorsorge der Menschen sicherzustellen, hat das BMZ schon vor der aktuellen Fluchtbewegung Projekte in den syrischen Regionen unterstützt, in denen nun die aus dem Libanon flüchtenden Menschen ankommen. Diese Projekte berücksichtigen bereits die Bedürfnisse von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen mitsamt der jeweiligen Aufnahmegemeinden. Sie werden nun in Partnerschaft mit den Vereinten Nationen und der syrischen Zivilgesellschaft ausgebaut, um den zusätzlichen Hilfsbedarf zu decken.
In der aktuellen Krise unterstützt das BMZ die aus dem Libanon flüchtenden Menschen sowie Binnenvertriebene und aufnehmende Gemeinden mit dem Nötigsten. Dabei stehen insbesondere Familien und Kinder im Fokus: Beispielsweise leisten wir über das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) psychologische Ersthilfe für Kinder und Eltern und machen Schulen in Syrien fit für die Aufnahme zusätzlicher Kinder. Dazu werden unter anderem temporäre Lernräume eingerichtet, beschädigte Schulräume instandgesetzt und Lehrmaterialen verteilt.
Gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schaffen wir kurzfristige, gemeinnützige Beschäftigungsmöglichkeiten für Geflüchtete in den aufnehmenden Gemeinden. Dadurch ermöglichen wir eine Selbstversorgung der Flüchtlinge und der besonders vulnerablen Bevölkerung und helfen, den zusätzlichen Druck auf die Aufnahmegemeinden zu verringern. Darüber hinaus unterstützen wir dabei, Gesundheitszentren zu sanieren und die Versorgung wichtiger öffentlicher Infrastruktur durch Solarenergie sicherzustellen.
Für akute Unterstützungsmaßnahmen stellt das BMZ 22 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.
Über die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist auf der Flucht: Rund fünf Millionen Menschen sind in die Nachbarländer Syriens geflohen, mehr als sieben Millionen sind innerhalb des Landes vertrieben worden – darunter sehr viele Kinder. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht.
Besonders viele Menschen aus Syrien wurden von der Türkei aufgenommen (mehr als drei Millionen). Auch im Libanon und in Jordanien haben viele Syrerinnen und Syrer Zuflucht gefunden (Libanon: fast 770.000 Geflüchtete bei rund vier Millionen Einwohnern, Jordanien: rund 620.000 bei rund elf Millionen Einwohnern). Zu den Aufnahmeländern zählen außerdem Irak (mehr als 290.000 syrische Flüchtlinge) und Ägypten (rund 150.000). (Alle Zahlen: offiziell registrierte Flüchtlinge, Oktober 2024)
Einen aktuellen Überblick des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) über die syrischen Flüchtlinge in der Region finden Sie hier (Externer Link) (englisch).
Deutsche Unterstützung für die vom Konflikt betroffenen Menschen
Seit Beginn der Krise in Syrien unterstützt das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) die vom Konflikt betroffenen Menschen in erheblichem Umfang und vor allem über Maßnahmen in den Nachbarländern Türkei, Libanon, Jordanien und Irak. Dabei stimmt sich das BMZ eng mit dem Auswärtigen Amt ab. So soll die Verbindung zwischen humanitärer Hilfe – für die das Auswärtige Amt verantwortlich ist – und der strukturbildenden, mittel- bis langfristig orientierten Unterstützung des BMZ sichergestellt werden.
Hauptziel des umfangreichen Engagements des BMZ ist es, den Menschen eine Lebensperspektive zu geben und es ihnen zu ermöglichen, sich langfristig selber zu versorgen. Neben den syrischen Flüchtlingen werden aber auch die aufnehmenden Gemeinden in den Nachbarländern gefördert, da diese die Hauptlast des großen Flüchtlingszustroms schultern. Somit wird die gesamte Region unterstützt und der soziale Zusammenhalt zwischen den syrischen Flüchtlingen und der Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden gestärkt.
Deutschland ist einer der größten Geber in der Syrienkrise. Zwischen 2012 und 2023 investierte das BMZ rund 10 Milliarden Euro in die Region.
Internationale Geberkonferenzen zur Syrienkrise
Am 15. Juni 2023 fand die siebte Brüsseler Geberkonferenz (Externer Link) „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ statt. Nach ähnlichen Konferenzen in Kuwait (2013–2015), London (2016) und Brüssel (seit 2017) war dies bereits die elfte Geberkonferenz zur Unterstützung der syrischen Bevölkerung und der Nachbarstaaten Syriens.
Die Konferenzen unterstreichen die Bedeutung des politischen Prozesses zur Lösung der Syrienkrise unter Führung der Vereinten Nationen. Sie dienen dazu, finanzielle Unterstützung für die Bewältigung der humanitären Krise zu mobilisieren und das Engagement der internationalen Gemeinschaft abgestimmt und bedarfsorientiert zu gestalten. Kurzfristig geht es dabei vor allem um die konkrete Verbesserung der Lebenssituation der Geflüchteten und ihrer Gastgeber in den Aufnahmeländern. Längerfristiges Ziel ist es, die Fluchtursachen zu bekämpfen und den Menschen in der Region eine Bleibeperspektive zu geben.
Mit den internationalen Mitteln sollen die Lebensbedingungen in und um Syrien verbessert werden. Den größten Bedarf hat die Staatengemeinschaft in den Bereichen Bildung und Beschäftigung, Ernährungssicherung und bei der Deckung weiterer Grundbedürfnisse identifiziert. In Anbetracht der Kriegsschäden an der syrischen Infrastruktur, der anhaltenden Dürren in der Region, den Folgen der Erdbeben vom 6. Februar 2023 sowie eines Choleraausbruchs in Syrien bedarf es einer gesteigerten Unterstützung im Bereich Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene. Auch in Bereichen des rechtlichen Schutzes, Gesundheit und Obdach sollen die Menschen weiterhin unterstützt werden.
Um diese Bedürfnisse decken zu können, haben die Vereinten Nationen für 2023 einen Bedarf von 5,4 Milliarden US-Dollar für die Bevölkerung in Syrien und 5,7 Milliarden US-Dollar für die Nachbarländer Syriens ermittelt.
Auf der siebten Syrienkonferenz am 15. Juni 2023 wurden 5,56 Milliarden Euro und Kredite in Höhe von vier Milliarden Euro zugesagt. Deutschlands Zusage beläuft sich auf insgesamt 1,05 Milliarden Euro (davon 568 Millionen Euro aus dem Haushalt des BMZ). Damit gehörte Deutschland mit der Europäischen Kommission und den USA erneut zu den drei wichtigsten Gebern der Region.
Unterstützung der Syrerinnen und Syrer in den von den Erdbeben am 6. Februar 2023 betroffenen Regionen
Am 6. Februar 2023 ereigneten sich in der Türkei und in Syrien zwei Erdbeben der Stärke 7,8 und 7,7 auf der Richterskala mit katastrophalen Auswirkungen. Sie forderten in Syrien 5.954 Todesopfer, 392.000 Menschen wurden obdachlos. Die öffentliche Infrastruktur in der bereits durch den Bürgerkrieg schwer gezeichneten Region im Nordwesten des Landes wurde stark beschädigt. Betroffen waren insbesondere die Provinzen Afrin, Harim und Azaz sowie Latakia und die Stadt Aleppo. Die Vereinten Nationen schätzen die Kosten für den Wiederaufbau der vom Erdbeben beschädigten Infrastruktur auf mehr als 15 Milliarden Euro.
Die internationale Gemeinschaft reagierte auf die Erdbeben mit großer Solidarität. Am 20. März 2023 fand eine durch die EU organisierte Geberkonferenz für die Opfer statt, auf der rund sieben Milliarden Euro zugesagt wurden – davon rund 2,6 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen an die Türkei und an Syrien. Die Bundesregierung war mit einer Zusage von 238 Millionen Euro (davon 117 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und Beseitigung der Erdbebenschäden in Syrien) unter den größten bilateralen Gebern der Konferenz.
Das BMZ leistete direkt nach dem Erdbeben kurzfristige Unterstützung und engagiert sich nach wie vor für die Wiederherstellung der kritischen Infrastruktur in der Region.
So wurden beispielsweise die Neubeschaffung zerstörter Krankenwagen und medizinischer Geräte sowie Reparaturen an beschädigten Krankenhäusern finanziert. Um die Nahrungsmittelversorgung der Menschen sicherzustellen, unterstützt das BMZ die Wiederherstellgun von Bewässerungssystemen in der Landwirtschaft sowie die Instandsetzung von Bäckereien. Und auch langfristig hilft das BMZ den Menschen im Erdbebengebiet wieder auf die Beine zu kommen, unter anderem mit Berufsausbildung sowie Programmen zur Gründung von Kleinstunternehmen, insbesondere von Frauen. Durch die Instandsetzung von Schulen unterstützt das Entwicklungsministerium Kinder bei der Rückkehr in den Unterricht. Menschen, die Traumata erlitten haben, erhalten psychosoziale Unterstützung.
Weitere Beispiele für das Engagement des BMZ
Die Krisenbewältigung des BMZ konzentriert sich auf die entwicklungsorientierte mittel- und langfristig angelegte Stärkung der Widerstandsfähigkeit (Resilienz (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) betroffener Menschen und örtlicher Strukturen. Dabei knüpft sie an kurzfristige Leistungen der humanitären Hilfe an und schafft Bedingungen, um mittelfristig eine Unabhängigkeit der Bevölkerung von der Nothilfe sicherzustellen.
In Syrien selbst werden Maßnahmen ausschließlich regierungsfern umgesetzt, eine Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung oder De-facto-Autoritäten in Nordwest- und Nordostsyrien besteht nicht.
Zwei Beispiele für Ansätze des BMZ in der Region sind die Beschäftigungsoffensive Nahost sowie die Übergangshilfe in der Syrienkrise.
Beispiel Übergangshilfe in der Syrienkrise
Für die Menschen in Syrien sind die Lebensbedingungen in allen Gebieten anhaltend schlecht: Die Behörden sind nicht in der Lage, die beschädigte Infrastruktur zu reparieren und die Haushalte mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen zu versorgen. Die meisten Familien haben aufgrund fehlender Einkommen bereits mindestens einmal humanitäre Hilfe erhalten.
Die strukturbildende Übergangshilfe hat es sich zum Ziel gemacht, die Widerstandsfähigkeit der vulnerablen Bevölkerung in Syrien zu stärken. Dabei geht es zum einen um die Wiederherstellung von Infrastruktur, zum Beispiel in den Bereichen Wasserversorgung, Landwirtschaft und Gesundheit. Zum anderen geht es um einen verbesserten Zugang zu informeller Bildung, Weiterbildung und Einkommen, um Perspektiven zu schaffen und Lebensbedingungen zu verbessern.
In den Nachbarländern Syriens konzentriert sich die strukturbildende Übergangshilfe vor allem darauf, den durch die Aufnahme Geflüchteter gestiegenen Druck auf die Basisinfrastruktur abzufedern. Mit deutscher Unterstützung wird zum Beispiel die Gesundheitsversorgung verbessert und der Zugang zu Bildung für alle gesichert. Außerdem werden Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts gefördert.
Beispiel Beschäftigungsoffensive Nahost
Um Zukunftsperspektiven für Flüchtlinge und Einheimische in der Region zu schaffen, hat Deutschland eine Beschäftigungsoffensive ins Leben gerufen. Ein wichtiger Aspekt dieses Engagements ist der Dreiklang „Beschäftigung für Erwachsene – Ausbildung für Jugendliche – Schule für Kinder“, der einen Großteil der Maßnahmen leitet.
Über sogenannte Cash-for-Work-Programme (deutsch: „Bargeld für Arbeit“) werden Arbeitsplätze geschaffen, die Flüchtlingen und Einheimischen in der Region ein schnell verfügbares Einkommen bieten, damit sie ihre Lebenssituation selbstbestimmt verbessern können. Die Ergebnisse der Arbeitsleistungen (beispielsweise neue Infrastruktur) dienen dem Gemeinwohl. Durch Jobs in den Bereichen Bildung und Gesundheit werden soziale Dienstleistungen wie Schulunterricht und medizinische Versorgung bereitgestellt. Die einheimische Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden wird in die Programme einbezogen. So wird ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden geleistet und sozialen Spannungen vorgebeugt.
2022 wurden rund 80.000 Jobs geschaffen. Zählt man die Familienangehörigen der Arbeitskräfte mit, verbessern sich dadurch die Lebensbedingungen und -perspektiven von rund 450.000 Menschen. Zudem ermöglichte die Beschäftigungsoffensive 2022 den Unterricht für mehr als eine halbe Million Kinder in den Nachbarländern Syriens.
Entwicklungspolitische Kennzahlen
- Syrien
- Deutschland
Allgemeine Informationen
Hinweise für die Nutzung
Klicken Sie sich durch die oben angeordneten verschiedenen Rubriken und finden Sie aktuelle Zahlen aus Syrien sowie – zum Vergleich – aus Deutschland.
Weitere Informationen zu den einzelnen Daten und die Quellenangabe können Sie mithilfe des i-Zeichens abrufen.
Gesamtbevölkerung
Erläuterung und Quellenangabe
Die Angabe zur Gesamtbevölkerung basiert auf der faktischen Definition von Bevölkerung, die alle Einwohnerinnen und Einwohner, die in einem Land ansässig sind, unabhängig von ihrem rechtlichen Status oder ihrer Staatsangehörigkeit umfasst. Die Zahlen geben die Schätzungen zur Jahresmitte wieder.
Quelle: Globale Entwicklungsdaten der Weltbank (Externer Link)
Fläche
Erläuterung und Quellenangabe
Gesamtfläche eines Landes (in Quadratkilometern) einschließlich der Gebiete unter Binnengewässern und einigen Küstenwasserstraßen.
Quelle: Globale Entwicklungsdaten der Weltbank (Externer Link)
Rang im HDI
Erläuterung und Quellenangabe
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht jährlich einen Bericht über die menschliche Entwicklung. Der darin enthaltene Index der menschlichen Entwicklung (englisch: Human Development Index, HDI) erfasst die durchschnittlichen Werte eines Landes in grundlegenden Bereichen der menschlichen Entwicklung. Dazu gehören zum Beispiel die Lebenserwartung bei der Geburt, das Bildungsniveau sowie das Pro-Kopf-Einkommen. Aus einer großen Zahl solcher Einzelindikatoren wird eine Rangliste errechnet.
SDG-Trends für Syrien
- Auf Kurs oder Bewahrung
- Leichte Verbesserung
- Stillstand
- Abnehmend
- Informationen nicht verfügbar