20. Oktober 2021 Vorstellung des 16. Entwicklungspolitischen Berichts der Bundesregierung

Inhaltliche Schwerpunkte des Berichts sind unter anderem der Marshallplan mit Afrika, der weltweite Kampf gegen die Corona-Pandemie sowie der Reformprozess BMZ 2030. Mit dem Bericht kommt die Bundesregierung dem Auftrag des Deutschen Bundestages nach, alle vier Jahre einen umfassenden Bericht zur Entwicklungspolitik vorzulegen. Neben dem Erreichten zeigt der Bericht auch aktuelle Herausforderungen für die Entwicklungspolitik sowie mögliche Entwicklungen bis zum Jahr 2050 auf.

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16. Entwicklungspolitischer Bericht der Bundesregierung

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 09/2021 | Dateigröße 57 MB, Seiten 388 Seiten | Zugänglichkeit barrierefrei
Cover Faktenblatt zum 16. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung

Faktenblatt zum 16. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 10/2021 | Dateigröße 605 KB, Seiten 8 Seiten
Dagmar Pruin, Präsidentin Brot für die Welt
Wir sind dankbar, dass das BMZ dem Kampf gegen den Hunger besondere Aufmerksamkeit schenkt. Minister Müller spricht angesichts von 15.000 Hungertoten pro Tag sogar von Mord, weil diese Opfer vermeidbar wären. Diese Opfer wären in der Tat vermeidbar, denn es ist genug für alle da. Wir brauchen hier endlich deutlich größere Anstrengungen und einen ganzheitlichen Ansatz.
Dagmar Pruin Präsidentin von Brot für die Welt

In den vergangenen Jahrzehnten hat Entwicklungspolitik weltweit viel erreicht:

  • Der Anteil der Hungernden konnte weltweit seit 1990 fast halbiert werden. Von mehr als einer Milliarde Menschen auf 615 Millionen. Allerdings steigen die Zahlen aktuell wieder auf über 800 Millionen.
  • 9 von 10 Kindern gehen in die Schule – 1960 war es nur jedes zweite. 2017 hatten weltweit nur noch 55 Millionen Kinder keine Grundschulbildung.
  • Seit 1990 ist die Zahl der extrem Armen um fast zwei Drittel gefallen – obwohl gleichzeitig die Weltbevölkerung um über 2,2 Milliarden Menschen gewachsen ist. Die Armutsrate konnte so weltweit von 36 auf 9 Prozent gesenkt werden.
  • Krankheiten wie Polio konnten fast ausgerottet werden – gab es vor 30 Jahren noch 350.000 Fälle, waren es 2020 ganze 96.
  • 2017 starben weniger als eine Million Menschen an Aids. Im Jahr 2000 waren es noch 2,8 Millionen.
Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand des WWF
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist international ein Leuchtturm mit einer enorm hohen Wirkung. Dies gilt es weiter auszubauen. Auch in unserem eigenen Interesse. Die langfristig und partnerschaftlich angelegte Strategie des BMZ führt die direkte Unterstützung der Menschen vor Ort mit dem notwendigen Erhalt der Lebensgrundlagen wie die biologische Vielfalt und ein gesundes Klima zusammen.
Eberhard Brandes Geschäftsführender Vorstand des WWF

Wichtige Ergebnisse der deutschen Entwicklungspolitik der letzten Jahre

Außenansicht des deutschen Bundestags
Außenansicht des Reichstags, Sitz des deutschen Bundestags

Deutschland erreichte 2016 und 2020 das vor 50 Jahren gegebene Versprechen der internationalen Gemeinschaft, 0,7 Prozent des jeweiligen Bruttonationaleinkommens für Entwicklung einzusetzen und wird es voraussichtlich auch 2021 erreichen.

  • Der Haushalt des BMZ hat sich von 6,3 Milliarden Euro (2013) auf rund 13,4 Milliarden im Jahr 2021 mehr als verdoppelt.
  • Die Ausgaben für Bildung und berufliche Bildung haben sich von 10 Prozent (400 Millionen Euro) im Jahr 2013 auf 17 Prozent (mehr als 1 Milliarde Euro) im Jahr 2020 erhöht.
  • Mit den Sonderinitiativen „Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme“, „Geflüchtete und Aufnahmeländer“, „Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel“ und „Nordafrika und Naher Osten“ wurden gezielt Schwerpunkte gesetzt.
Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Gesundheit ist ein grundlegendes Menschenrecht. Aber noch immer sterben Millionen Menschen, insbesondere Kinder weltweit an vermeidbaren und behandelbaren Infektionskrankheiten. In Afrika sind derzeit gerade einmal 4 Prozent der Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft. Die Covid-19-Pandemie besiegen wir weltweit oder gar nicht.

  • Seit 2020 setzt das BMZ ein weltweites Corona-Sofortprogramm von 4,7 Milliarden Euro um.
  • Über eine Milliarde Euro werden jährlich zusätzlich in globale Gesundheit investiert.
  • In den Aufbau der Corona-Impfstoffproduktion in Afrika (Südafrika, Senegal, Ghana) werden rund 500 Millionen Euro investiert.
Wasserknappheit und Dürre gehören zu den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels.
Wasserknappheit und Dürre gehören zu den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels.

Vorreiter in der Klimapolitik zu sein heißt, eine globale Energiewende und Transformation voranzubringen. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels entscheidet sich wesentlich in den Entwicklungs- und Schwellenländern, wo 80 Prozent der Weltbevölkerung leben.

  • Der deutsche Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung wurde von 2014 bis 2020 mehr als verdoppelt – von zwei auf mehr als fünf Milliarden Euro. Das BMZ leistet rund 85 Prozent davon.
  • Bei der 2018 gegründeten Stiftung „Allianz für Entwicklung und Klima“ zur freiwilligen Förderung der Klimaneutralität und Kompensation von CO2-Emissionen machen mehr als 1.100 Unternehmen, Bundesligisten, Kommunen und viele andere mit.
  • 350 Millionen Menschen in über 100 Entwicklungs- und Schwellenländern sind aufgrund der von Deutschland initiierten Klimarisikoversicherungen abgesichert.
Arbeiterin in einer Fabrik in Bangladesch
Arbeiterin in einer Fabrik in Bangladesch

Die bisherige Form der Globalisierung hat auch Schattenseiten: Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion in ärmere Länder und externalisieren dabei auch Sozial- und Umweltkosten. Die Einhaltung grundlegender Menschenrechte und Umweltnormen ist längst nicht gesichert.

  • 2021 wurde das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet, die bislang umfassendste Regelung zur Stärkung grundlegender Menschenrechte in globalen Lieferketten weltweit.
Der Grüne Knopf – das staatliche Siegel für sozial und ökologisch produzierte Textilien

Logo: Der Grüne Knopf – das staatliche Siegel für sozial und ökologisch produzierte Textilien

Logo: Der Grüne Knopf – das staatliche Siegel für sozial und ökologisch produzierte Textilien

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz legt Mindeststandards fest – der Grüne Knopf geht als staatliches Textilsiegel darüber hinaus und definiert „best practices“.

  • Zum Start machten 27 Unternehmen mit – heute hat sich die Zahl fast verdreifacht auf 78 Unternehmen. Hundert weitere haben das Siegel beantragt.
  • 150 Millionen Textilien wurden mit dem Grünen Knopf verkauft. Das Siegel kann auch für die nachhaltige öffentliche Beschaffung genutzt werden.
Weiterbildung von Verwaltungsangestellten
Weiterbildung von Verwaltungsangestellten

Afrika ist ein Kontinent der Vielfalt und der Zukunft. 2050 werden mit 2,5 Milliarden etwa doppelt so viele Menschen wie heute dort leben. Dies verschärft viele Herausforderungen: Knapp 400 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner lebten bereits vor der Corona-Pandemie unter der Armutsgrenze und 60 Prozent der Menschen in Afrika sind noch ohne Strom.

  • Das BMZ setzt seit 2017 den Marshallplan mit Afrika um. Um neue Investitionen zu fördern, hat die Bundesregierung unter anderem einen Entwicklungsinvestitionsfonds mit bis zu einer Milliarde Euro eingeführt.
  • Für Unternehmen wurden die Kosten für eine Hermes-Risikoabsicherung für afrikanische Länder gesenkt.
  • Wir haben und werden den Aufbau der panafrikanischen Freihandelszone weiter unterstützen, unter anderem durch Beratung und Ausbildung von mehr als 1.700 Fach- und Führungskräften aus 50 afrikanischen Ländern.

Das BMZ trägt mit vielen Maßnahmen dazu bei, akute und strukturelle Fluchtursachen zu mindern, die Rückkehr von Flüchtlingen zu ermöglichen und Aufnahmeländer bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen zu unterstützen.

  • Im Krisenbogen um Syrien haben wir 11 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt. Pro Schuljahr konnten 700.000 Kinder wieder zur Schule gehen.
  • Für 420.000 Menschen (Flüchtlinge, Binnenvertriebene, Bevölkerung der Aufnahmegemeinden) wurden Beschäftigung und Einkommen (Cash for Work) geschaffen.
  • Rund eine Million Fördermaßnahmen wurden mit dem Programm „Perspektive Heimat“ durchgeführt, unter anderem für 20.500 Rückkehrer aus Deutschland.
  • Seit 2017 ist die finanzielle Forderung von UNICEF und WFP weiter gestiegen.
Ein nigerianischer Reisbauer auf seinem Feld
Ein nigerianischer Reisbauer auf seinem Feld

Noch immer wird kaum ein Menschenrecht häufiger verletzt als das Menschenrecht auf Nahrung. Über 800 Millionen Menschen hungern, über zwei Milliarden leiden an Mangelernährung. Dies ist zutiefst inhuman, denn wir verfügen über das Wissen und die Mittel, Hunger zu beenden und alle Menschen mit ausreichend Nahrung zu versorgen. Eine Welt ohne Hunger zu schaffen, ist möglich und muss unser Ziel sein.

  • Das BMZ hat jährlich rund zwei Milliarden Euro in Ernährungssicherung, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung investiert.
  • Rund eine Million Hektar degradierter Boden wurden für eine nachhaltige Bewirtschaftung wiederhergestellt.
Kanuku Mountains Schutzgebiet, Guyana
Kanuku Mountains Schutzgebiet, Guyana

Die Wälder sind Lebensraum für 1,6 Milliarden Menschen. In den Wäldern entscheidet sich, ob der Kampf gegen Artenverlust und Klimawandel gewonnen wird. Aber mehr als die Hälfte der Tropenwälder sind bereit verloren.

  • 2021 wurde der Weltnaturerbe-Fonds gegründet, um die Grundfinanzierung für 30 der wichtigsten Naturschutzgebiete in Entwicklungsländern zu sichern. Bis 2030 wird der Fonds die weltgrößte Naturschutzstiftung.
  • Insgesamt unterstutzt das BMZ 660 Schutzgebiete mit einer Fläche von zwei Millionen Quadratkilometer, sechsmal so groß wie Deutschland.
  • 2021 wurde die Kongo-Regenwald-Partnerschaft gegründet. Insgesamt trägt das BMZ zum Schutz von 130 Millionen Hektar Wald weltweit bei.
  • Durch die 2019 gegründete PREVENT Abfall Allianz unterstützen über 200 Mitgliedsorganisationen die Abfall- und Kreislaufwirtschaft in Schwellen- und Entwicklungsländern.

BMZ 2030“ ist das erste umfassende Reformkonzept der deutschen Entwicklungszusammenarbeit seit zwölf Jahren.

  • Kern des neuen Partnerschaftsmodells sind Reformpartnerschaften, um besonders reformorientierte Staaten verstärkt zu unterstützen („fordern und fördern“).
  • Verringerung der Zahl der Partnerländer, mit denen wir direkt von Staat zu Staat zusammenarbeiten. Einige Länder haben sich erfreulicherweise so entwickelt, dass sie unsere direkte Unterstützung nicht mehr benötigen. Andere zeigten keine Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen.
  • Mehr Wirksamkeit durch weniger Einzelprojekte, Konzentration auf Schwerpunktthemen und ein besseres Monitoring.