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Gender und Gesundheit Recht auf Selbstbestimmung als Leitbild der Entwicklungszusammenarbeit
Mit der Agenda 2030 hat sich die internationale Staatengemeinschaft zum Ziel gesetzt, die sexuelle und reproduktive Gesundheit für alle zu verbessern. Dies schließt die Senkung der Müttersterblichkeit (globales Entwicklungsziel 3.1) ebenso ein wie den Zugang zu Familienplanung, Information und Aufklärung (globale Entwicklungsziele 3.7 und 5.6). Auch sollen die allgemeine Gesundheitsversorgung, einschließlich der Absicherung gegen finanzielle Risiken, der Zugang zu hochwertigen grundlegenden Gesundheitsdiensten und der Zugang zu sicheren, wirksamen, hochwertigen und bezahlbaren unentbehrlichen Arzneimitteln und Impfstoffen für alle Menschen erreicht werden (Ziel 3.8).
Die Erreichung dieser Ziele ist allerdings gefährdet, in vielen Bereichen ist die Entwicklung zum Stillstand gekommen. Unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie wurden viele Maßnahmen und Dienste im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte eingeschränkt. Ursprünglich dafür eingeplante finanzielle Mittel wurden in die Pandemiebekämpfung investiert.
Hintergrund Situation in Entwicklungsländern
Müttersterblichkeit
Es wurden schon wichtige Fortschritte erreicht. So ist zum Beispiel die Müttersterblichkeitsrate seit 1990 deutlich gesunken. In vielen Regionen hat sich die Entwicklung jedoch verlangsamt oder sogar umgekehrt. Schätzungen zufolge sterben täglich mehr als 800 Frauen an vermeidbaren Komplikationen in Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, mehr als 90 Prozent von ihnen in Entwicklungsländern.
Zwei Drittel dieser Todesfälle ereignen sich in Regionen, in denen eine humanitäre Notlage herrscht. Die höchste Müttersterblichkeitsrate verzeichnen die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Trotz Fortschritten werden dort im Schnitt nur 70 Prozent der Geburten medizinisch begleitet. Besonders hoch ist die Müttersterblichkeitsrate unter Mädchen und jungen Frauen. Komplikationen im Zusammenhang von Schwangerschaft und Geburt zählen in Entwicklungsländern zu den häufigsten Todesursachen von Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren.
Zugang zu Familienplanung
Neben der medizinischen Schwangerschaftsvorsorge und Geburtsbegleitung ist auch der Zugang zu Familienplanung ein wesentlicher Bestandteil der sexuellen und reproduktiven Rechte von Mädchen und Frauen.
Weltweit haben rund 260 Millionen Frauen, die eine Schwangerschaft vermeiden möchten, keinen ausreichenden Zugang zu modernen Verhütungsmitteln. Nach Schätzungen sind etwa die Hälfte aller Schwangerschaften weltweit unbeabsichtigt. Nur wenn Schwangerschaften planbar sind, können Mädchen und Frauen ihr Recht auf Bildung und wirtschaftliche Beteiligung voll verwirklichen. Insbesondere Teenagerschwangerschaften bedeuten für die betroffenen Mädchen oft das abrupte Ende ihres Bildungswegs und eine wirtschaftliche Notlage.
Von den mehr als 120 Millionen Mädchen und Frauen, die jedes Jahr unbeabsichtigt schwanger werden, entscheiden sich mehr als 60 Prozent für einen Schwangerschaftsabbruch. Fast die Hälfte davon wird unsachgemäß ausgeführt. Für die Gesundheit und das Leben der Mädchen und Frauen stellen solche Abbrüche ein hohes Risiko dar: Aufgrund von Komplikationen bei unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen müssen jedes Jahr Millionen von Frauen ein Krankenhaus aufsuchen. Sie sind eine der Haupttodesursachen bei Müttern.
Auch sexuelle Gewalt und Ausbeutung stellen einen schweren Verstoß gegen die sexuellen und reproduktiven Rechte dar. Eine Auswertung der Vereinten Nationen von Daten aus 51 Ländern hat ergeben, dass nur 57 Prozent der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren, die verheiratet sind oder in einer festen Partnerschaft leben, selbstbestimmt über sexuelle Beziehungen und die Verwendung von Verhütungsmitteln entscheiden können.
Gender und Gesundheit Deutsches Engagement
Jede Frau hat das Recht selbst zu entscheiden, ob, wann, mit wem und wie viele Kinder sie haben möchte. Die internationale Staatengemeinschaft hat dieses Recht in verschiedenen internationalen Vereinbarungen, insbesondere dem Aktionsprogramm der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo 1994, anerkannt. Der Grundsatz ist auch Leitbild der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
Zusammen mit anderen gleichgesinnten Staaten setzt sich Deutschland dafür ein, die Gleichberechtigung der Geschlechter und das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung in weiteren internationalen Vereinbarungen zu verankern.
Das deutsche entwicklungspolitische Engagement umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen: Sexualaufklärung und HIV-Prävention, Bildungsarbeit, Familienplanung und die Versorgung bei Schwangerschaft und Geburt gehören ebenso dazu wie die Vorbeugung und Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten, die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt und Maßnahmen zur Überwindung der weiblichen Genitalverstümmelung.
Deutsches Engagement Förderung in Initiative gebündelt
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bündelt seine bilateral (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zugesagten finanziellen Mittel zur Stärkung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte in Entwicklungsländern seit 2011 in der Initiative „Selbstbestimmte Familienplanung und reproduktive Gesundheit für alle!“ (ehemals „Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit“). Die Initiative soll ausgebaut werden.
Das BMZ unterstützt die Kooperationsländer dabei, ihre Gesundheitssysteme zu stärken und gendergerecht (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) auszugestalten, Reformen zur Gesundheitsfinanzierung und sozialen Krankenversicherung anzustoßen und die Ausbildung von Fachkräften, insbesondere für die Geburtshilfe, zu verbessern. Um den Zugang zur Familienplanung zu verbessern, unterstützt Deutschland seine Partnerländer dabei, Beratungsangebote auszubauen und die Auswahl an modernen Verhütungsmitteln zu erhöhen.
Im Rahmen von Sexualaufklärung auf Gemeindeebene und an Schulen werden Jugendliche darüber informiert, wie sie sich vor ungeplanten Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten schützen können. Die Angebote tragen auch zu einer erhöhten Akzeptanz von Verhütungsmitteln und dem Empowerment (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) von Mädchen und Frauen bei. Die von Deutschland geförderten Programme richten sich nicht nur an Mädchen und Frauen, sondern zielen auch darauf ab, Jungen und Männer stärker in die Verantwortung einzubeziehen.
Auch auf internationaler Ebene setzt sich das BMZ dafür ein, dass den Themen Familienplanung und Müttergesundheit eine höhere Bedeutung beigemessen wird. Das BMZ engagiert sich in einer Vielzahl von internationalen Organisationen und Initiativen. Unterstützt werden unter anderem die Internationale Föderation für Familienplanung (Externer Link) (IPPF (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)), der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (Externer Link) (UNFPA (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) und die Global Financing Facility (Externer Link) (GFF).
Themendossier Frauenrechte und Gender
- Hintergrund: Der Gender-Ansatz des BMZ
- Frauen in bewaffneten Konflikten und Friedensprozessen: Sicherheit und gleichberechtigte Teilhabe für Frauen und Mädchen
- Geschlechtsbasierte Gewalt: Gewalt verhindern, Betroffene betreuen, Straflosigkeit beenden
- Geschlechtsbasierte Gewalt: Überwindung der weiblichen Genitalverstümmelung
- Gender und Governance: Mitspracherechte kennen, einfordern und anwenden
- Geschlechtergerechtigkeit in Agrar- und Ernährungssystemen: Gleichberechtigte Teilhabe in Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung
- Gender und Klima: Feministische Klimapolitik
- Gender und Gesundheit: Recht auf Selbstbestimmung als Leitbild der Entwicklungszusammenarbeit
- Gender und Bildung: Mädchen beim Zugang zu Bildung noch immer benachteiligt
- Gender und Migration: Diskriminierung abbauen
Stand: 19.12.2023