Geschlechtsbasierte Gewalt ist eine der schwerwiegendsten und am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen weltweit. Sie tritt in vielen Formen auf: Darunter fallen unter anderem Gewalt im sozialen Umfeld, sexualisierte Gewalt, aber auch schädliche Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung sowie Kinderheirat, Früh- und Zwangsverheiratung.
Weltweit ist laut Schätzungen jede dritte Frau während ihres Lebens zumindest einmal von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt innerhalb oder außerhalb von Partnerschaften betroffen. LSBTIQ+-Personen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) erfahren, statistisch betrachtet, mindestens einmal in ihrem Leben eine Form von geschlechtsbasierter Gewalt. Auch Jungen und Männer sind, wenn auch statistisch weniger häufig, von geschlechtsbasierter Gewalt betroffen, beispielsweise im Zusammenhang mit Konflikten oder Vertreibung.
Für Menschen, bei denen sich mehrere Diskriminierungsmerkmale überschneiden und gegenseitig verstärken, erhöht sich auch das Risiko, geschlechtsbasierte Gewalt zu erfahren. Dazu gehören etwa indigene Frauen und Mädchen, Frauen und Mädchen mit Behinderungen, Frauen und Mädchen auf der Flucht und LSBTIQ+-Personen.
Ursachen und Folgen
Geschlechtsbasierte Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Dass geschlechtsbasierte Gewalt verbreitet und in vielen Gesellschaften akzeptiert ist, liegt unter anderem an ungleichen Machtverhältnissen, Normen und Geschlechterrollen, die Männer begünstigen, sowie mangelnder Strafverfolgung.
Die Folgen geschlechtsbasierter Gewalt sind einschneidende psychische und physische Schäden für die Betroffenen. Zudem wird ihr Zugang zum öffentlichen Leben, zur wirtschaftlichen Teilhabe, politischen Beteiligung und zur Bildung eingeschränkt. Eine nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) kann so nicht gelingen.
Agenda 2030
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit der Agenda 2030 (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zum Ziel gesetzt, alle Formen von geschlechtsbasierter Gewalt im öffentlichen und privaten Bereich zu überwinden (Nachhaltigkeitsziel 5.2). Zudem sollen alle schädlichen Praktiken wie Kinderheirat, Früh- und Zwangsverheiratung sowie weibliche Genitalverstümmelung beseitigt werden (Ziel 5.3).
Deutsches Engagement
Geschlechtsbasierte Gewalt und schädliche Praktiken zu überwinden, ist ein zentrales Anliegen der feministischen Entwicklungspolitik. Es ist als strategisches Ziel im entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplan 2023–2027 enthalten. Dafür arbeitet das BMZ gezielt mit Männern und Jungen sowie mit religiösen und lokalen Führungspersönlichkeiten zusammen, da diese die sozialen Normen und Geschlechterrollen beeinflussen. Kooperiert wird insbesondere mit der Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), die häufig die erste Anlaufstelle für Betroffene geschlechtsbasierter Gewalt ist. Der Dialog mit den Partnerländern und ein sensibles Vorgehen sind hierbei besonders wichtig.
Bis 2024 unterstützt das BMZ den Treuhandfonds der Vereinten Nationen zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen. Mit dem Fonds fördert UN Women (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) feministische Organisationen, die sich für sozialen Wandel und für die Überwindung geschlechtsbasierter Gewalt einsetzen.
Weibliche Genitalverstümmelung, international meist mit dem Begriff „Female Genital Mutilation“ (FGM) bezeichnet, umfasst alle Verfahren, bei denen die äußeren weiblichen Genitalien ohne medizinische Notwendigkeit teilweise oder vollständig entfernt oder aus nichtmedizinischen Gründen auf andere Weise verletzt werden.
Von dieser schweren Form der geschlechtsbasierten Gewalt sind vor allem Frauen und Mädchen, aber auch Menschen mit anderer Geschlechtsidentität betroffen.
Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Verletzung der Menschenrechte, etwa des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Mehr dazu lesen Sie hier.
Gewalt in der Partnerschaft
Geschlechtsbasierte Gewalt gegen Frauen wird überwiegend von (Ex-)Partnern ausgeübt – häufig über Jahre hinweg. Der Gewalt liegt ein ungleiches Machtverhältnis zugrunde, welches vom Täter gezielt ausgenutzt und eingesetzt wird, um die eigenen Interessen gegen den Willen der Frau durchzusetzen.
Frauen jeder Herkunft, aus allen sozialen Schichten, mit unterschiedlichem Einkommen und Bildungsstand können von dieser Gewalt betroffen sein. Die wenigsten Fälle werden angezeigt oder vor Gericht gebracht.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die nationalen Bemühungen von Partnerländern, betroffenen Frauen einen besseren Zugang zur Justiz und zu qualitativ hochwertigen Beratungs- und Hilfsangeboten zu verschaffen. Außerdem werden die Partnerländer dabei unterstützt, sich aktiv und kritisch mit gesellschaftlichen Normen und Geschlechterstereotypen auseinanderzusetzen und gezielt auf den Abbau bestehender struktureller Ungleichheiten hinzuarbeiten. Dabei ist es entscheidend, auch die Jungen und Männer in diese Bemühungen einzubeziehen.
Weltweit kommt es in bewaffneten Konflikten zu verschiedenen Formen geschlechtsbasierter Gewalt.
Unter anderem wird sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen, aber auch gegen Jungen und Männer und sexuelle Minderheiten (LSBTIQ+ (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) als „Kriegswaffe“ eingesetzt – um Macht zu demonstrieren, zu bestrafen, zu demoralisieren und zu entwürdigen, um Bevölkerungsgruppen zu vertreiben, Familien- und Gemeinschaftsstrukturen zu zerstören oder „ethnische Säuberungen“ vorzunehmen.
Deutschland setzt sich international für die Umsetzung der Resolution 1820 (Externer Link) des UN-Sicherheitsrats ein, die sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen definiert. Die Bundesrepublik tritt für die Bestrafung der Täter auf nationaler Ebene oder vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) ein.
Im April 2019 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die von Deutschland eingebrachte Resolution 2467 (Externer Link). Sie zielt darauf ab, Verantwortliche sexualisierter Gewalt noch stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Flucht und Vertreibung
Insbesondere im Kontext von Flucht und Vertreibung geht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf geschlechtsspezifische Herausforderungen und Bedürfnisse ein und setzt verstärkt Maßnahmen zum Schutz vor und zur Prävention von sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt um.
So werden zum Beispiel in Flüchtlingsunterkünften und aufnehmenden Gemeinden in der kurdischen Region im Irak lokale Strukturen zur Gewaltprävention und zur Beratung von Betroffenen geschlechtsbasierter Gewalt unterstützt und ausgebaut.
Angestellte von Krankenhäusern, Schulen und Beratungsstellen sowie lokale Trainerinnen und Trainer werden zu dem Thema qualifiziert und vernetzt.
Ausführliche Informationen zum Thema Flucht finden Sie hier.
Menschenhandel, Zwangs- und Kinderprostitution
Ein weiterer Einsatzbereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ist die Überwindung von Menschenhandel, Zwangs- und Kinderprostitution.
In Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft fördert die Bundesregierung in diesem Bereich Maßnahmen zur Prävention, zum Opfer- und Zeuginnenschutz und zur Rehabilitation und gesellschaftlichen Wiedereingliederung der von diesen Straftaten Betroffenen.
Dazu gehört auch, dass Deutsche, die im Ausland Kinder sexuell missbrauchen, in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden.
Menschen im Hörsaal des Instituts für angewandte Agrarforschung und Ausbildung in Katibougou, Mali