Urheberrecht© USAID/Musfiq Tajwar, Solidarity Center, via flickr, CC BY-NC 2.0
Gender und Governance Mitspracherechte kennen, einfordern und anwenden
Traditionelle – oft patriarchalisch geprägte – Werte beeinflussen Machtstrukturen sowie die Einstellungen und Ansichten darüber, was als angemessenes Verhalten von Menschen unterschiedlicher Geschlechter akzeptiert wird. Diese Werte spiegeln sich in Gesetzen wider, die Frauen weniger Rechte verleihen und sie entsprechend diskriminieren – insbesondere, wenn es um Themen wie Ehe, Scheidung, geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt, Landbesitz und Erbschaft geht.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit folgt dem menschenrechtlichen Prinzip der Nichtdiskriminierung und der Chancengleichheit. Sie fördert daher die politische Teilhabe von Frauen und hilft ihnen dabei, ihre Rechte zu kennen, einzufordern und anzuwenden. In zahlreichen Kooperationsländern erhalten Fraueninitiativen Unterstützung bei ihrer Aufklärungs- und Lobbyarbeit. Regierungen werden dabei beraten, Gesetze zu reformieren und geschlechtergerecht zu gestalten.
Politische Beteiligung
Die gleichberechtigte Beteiligung aller an politischen Prozessen ist eine wesentliche Voraussetzung für gute Regierungsführung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und das prägende Element der Demokratie.
Während Frauen weltweit einen bedeutenden Anteil an der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung haben, sind sie in den meisten Ländern in politischen Prozessen nicht ausreichend vertreten. Weltweit liegt der Anteil von Frauen in nationalen Parlamenten im Durchschnitt bei lediglich 25 Prozent (Stand: Juni 2020). In der Europäischen Union beträgt der Anteil der Parlamentarierinnen 32 Prozent (2020). Nur wenige Frauen bekleiden das Amt einer Staats- oder Regierungschefin und auch in leitenden Positionen wie Ministerämtern oder Parteiführungen sind sie deutlich in der Minderheit.
Dabei hat sich in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass politische Entscheidungen die Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Familien besser berücksichtigen, wenn mehr Frauen an ihnen beteiligt waren. So führte in Ruanda und Südafrika eine größere Anzahl von weiblichen Abgeordneten im Parlament zu einer fortschrittlicheren Gesetzgebung in den Bereichen Landbesitz, Erbschaft und Familienplanung.
Das tut Deutschland
Deutschland hat mit vielen seiner Partnerländer die Förderung von guter Regierungsführung als Aktionsfeld der gemeinsamen Zusammenarbeit vereinbart.
In diesem Arbeitsbereich setzt sich Deutschland intensiv für die Gleichberechtigung der Geschlechter und eine wirksame Teilhabe von Frauen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben ein.
Zugang zur Rechtsprechung
Der Zugang von Frauen zur Rechtsprechung ist ein entscheidendes Element im Streben nach Gleichberechtigung der Geschlechter. Denn nur durch ihn können Frauen mit Hilfe der Justiz ihre politischen, bürgerlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte geltend machen.
Einschränkungen erfolgen durch eine Vielzahl sozialer und struktureller Barrieren. Zu den sozialen Hürden zählen beispielsweise unzureichendes Wissen über Rechte und Justizsysteme, Abhängigkeit von männlichen Verwandten bei der Durchsetzung von Rechten, soziale Sanktionen gegen Frauen, die vor Gericht oder Behörden das Wort ergreifen, fehlende Ressourcen, um Rechte durchzusetzen und die soziale Ausgrenzung von Opfern sexualisierter Gewalt.
Strukturelle Hürden sind mangelndes Training von Polizei, Justiz und Gerichtsmedizin, komplizierte, teure und sehr langwierige Verfahren, Korruption sowie weite Wege zu Gerichten und Behörden. In polizeilichen Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen werden Zeugenaussagen von Frauen häufig geringer gewichtet. Auch werden in vielen Ländern in Prozessen zu sexualisierter Gewalt Aussagen zum Lebenswandel des Opfers als zulässige Argumente bewertet, den betroffenen Frauen wird dadurch eine Mitschuld zugewiesen.
Das tut Deutschland
Deutschland unterstützt seine Partnerländer dabei, diskriminierende nationale Gesetzgebungen zu reformieren, Teilhaberechte rechtlich und institutionell zu verankern und den Zugang zu Recht und Gerichtsbarkeit für Frauen und Mädchen zu verbessern.
Öffentliches Finanzmanagement
Das öffentliche Finanzmanagement als zentraler staatlicher Verteilungsmechanismus regelt, wie öffentliche Gelder eingenommen und verwendet werden. Entscheidend für die Gleichberechtigung der Geschlechter ist, dass in der Haushaltsplanung und -umsetzung die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigt werden. Im Sinne der guten Regierungsführung ist sicherzustellen, dass die finanzierten öffentlichen Dienstleistungen Frauen und Männern gleichermaßen zugutekommen. Im Mittelpunkt sollten Bereiche stehen, die einen starken Einfluss auf die Lebensumstände in einer Gesellschaft haben, etwa Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung.
Das tut Deutschland
Die gendersensitive Gestaltung der öffentlichen Finanzen wird daher von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gefördert. Unter anderem werden Partnerregierungen bei der Haushaltsaufstellung beraten. Außerdem werden sie dabei unterstützt, öffentliche Beschaffungsprozesse so zu gestalten, dass sich mehr Unternehmerinnen an den Vergabeverfahren beteiligen.
Korruption
Aufgrund ungleicher Machtverhältnisse in vielen Gesellschaften sind Frauen und LSBTIQ+ (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)-Personen häufiger Korruption ausgesetzt als Männer. Ihre wirtschaftlich schwächere Position führt dazu, dass sie sich Bestechungsgelder finanziell oft nicht leisten können. Somit bleibt ihnen der Zugang zu fairen Gerichtsverfahren, öffentlichen Dienstleistungen, Märkten, Krediten oder politischen Ämtern vergleichsweise häufiger verwehrt. Geringere öffentliche Einnahmen aufgrund von Korruption wirken sich zudem negativ auf staatliche Bildungs- und Gesundheitssysteme sowie auf Familienleistungen aus, auf die insbesondere Frauen und Kinder angewiesen sind.
Das tut Deutschland
Die Prävention und Bekämpfung von Korruption ist ein zentrales Anliegen der deutschen Entwicklungspolitik. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen und Mädchen und damit zur Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Eine besondere Form von Korruption stellt die sogenannte Sextortion dar. Sextortion beschreibt den Missbrauch von Macht, um einen sexuellen Nutzen oder Gefallen zu erzwingen, zum Beispiel um Zugang zu Dienstleistungen zu gewähren. Frauen sind unverhältnismäßig stark von Sextortion betroffen, aber auch Männer und LSBTIQ+-Personen bleiben nicht verschont.
Themendossier Frauenrechte und Gender
- Hintergrund: Der Gender-Ansatz des BMZ
- Frauen in bewaffneten Konflikten und Friedensprozessen: Sicherheit und gleichberechtigte Teilhabe für Frauen und Mädchen
- Geschlechtsbasierte Gewalt: Gewalt verhindern, Betroffene betreuen, Straflosigkeit beenden
- Geschlechtsbasierte Gewalt: Überwindung der weiblichen Genitalverstümmelung
- Gender und Governance: Mitspracherechte kennen, einfordern und anwenden
- Geschlechtergerechtigkeit in Agrar- und Ernährungssystemen: Gleichberechtigte Teilhabe in Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung
- Gender und Klima: Feministische Klimapolitik
- Gender und Gesundheit: Recht auf Selbstbestimmung als Leitbild der Entwicklungszusammenarbeit
- Gender und Bildung: Mädchen beim Zugang zu Bildung noch immer benachteiligt
- Gender und Migration: Diskriminierung abbauen
Stand: 19.12.2023