Kolonialität Koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungspolitik überwinden

Auch heute sind Gesellschaften noch von Denkmustern und Strukturen geprägt, die auf die Kolonialzeit zurückgehen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt sich mit dem Kolonialismus (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und seinen Folgen kritisch auseinander, um fortbestehende Handlungsweisen und Auffassungen in der Entwicklungspolitik zu erkennen und abzubauen. Das Ziel ist eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen den Ländern und Akteurinnen und Akteuren aus dem Globalen Süden und dem Globalen Norden (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen).

Logo der Veranstaltung: Rethinking Development Policy: How to Confront Coloniality
Logo der Veranstaltung: Rethinking Development Policy: How to Confront Coloniality

Bundesministerin Svenja Schulze lädt Partnerinnen und Partner aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft aus dem Globalen Norden und Süden⁠ ein, um über koloniale Kontinuitäten in der Entwicklungszusammenarbeit zu diskutieren. Hier kann die Veranstaltung am 4. Dezember ab 15:00 Uhr live verfolgt werden.

Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Der europäische Kolonialismus hat tiefe Spuren hinterlassen, die bis heute wirken: Die Folgen manifestieren sich in anhaltender Ungleichheit und Abhängigkeiten. Um dieses strukturelle Machtungleichgewicht zu überwinden, müssen wir alle verstehen, wie es sich auf die Menschen und Länder in der Gegenwart auswirkt.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze Rede zur Eröffnung der Lateinamerika-Karibik-Woche am 27. März 2023

Machtgefälle und rassistische Strukturen

Siehe auch
Podiumsgespräch bei der Tagung „Gemeinsame Perspektiven: Zusammenarbeit mit Afrika in Zeiten des Wandels“ am 25. Januar 2023 mit (von links): Liz Shoo, Moderatorin, Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin für Afrika beim UNDP, Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin, und Mavis Owusu-Gyamfi, Vizepräsidentin beim African Center for Economic Transformation (ACET)

Bis heute finden sich in der Entwicklungszusammenarbeit Strukturen und Denkmuster wieder, die aus der Zeit des Kolonialismus stammen. Diese kolonialen Kontinuitäten tragen dazu bei, dass die Beziehungen zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden noch immer ungleich und ungerecht sind. Abhängigkeitsverhältnisse prägen noch immer das Verhältnis zwischen Ländern, zwischen Wirtschafts- und Politikakteuren, zwischen Menschen. Ausbeutungsmechanismen bestehen weiterhin.

Das zeigt sich zum Beispiel in der Wirtschaft: Noch immer exportieren viele Länder des Globalen Südens hauptsächlich Rohstoffe, während es vor allem die Länder des Globalen Nordens sind, die mit der weiteren Verarbeitung und Produktion Profit machen.

Es zeigt sich auch daran, dass Angehörige ehemaliger Kolonien in internationalen Gremien und in der Wissenschaft unterrepräsentiert sind. Sie können Entscheidungen häufig nicht mittreffen. Und es zeigt sich in rassistischen Vorurteilen.

Ein Lernprozess

Kolonial geprägtes Denken und Handeln in unserer Gesellschaft und in der deutschen Entwicklungspolitik zu überwinden, ist ein Lernprozess. Er beginnt damit, sie zu erkennen, zu benennen und Stück für Stück abzubauen. Nur so kann eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Globalem Süden und Globalem Norden gelingen.

Was macht partnerschaftliche Entwicklungspolitik aus?

Die damalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul während der Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestages des Aufstands der Herero gegen die deutschen Kolonialisten. Die Ministerin bat die einheimische Bevölkerung um Vergebung für den Mord von Deutschen an tausenden Herero, Nama und Damara.

Die damalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul während der Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestages des Aufstands der Herero gegen die deutschen Kolonialisten (2004). Die Ministerin bat die einheimische Bevölkerung um Vergebung für den Mord von Deutschen an tausenden Herero, Nama und Damara.

Die damalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul während der Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestages des Aufstands der Herero gegen die deutschen Kolonialisten (2004). Die Ministerin bat die einheimische Bevölkerung um Vergebung für den Mord von Deutschen an tausenden Herero, Nama und Damara.
  • Sie erkennt die Gräueltaten des deutschen Kolonialismus an und entschuldigt sich dafür.
  • Sie reflektiert die eigene Rolle und Machtposition.
  • Sie führt einen offenen und ehrlichen Dialog über die Vergangenheit und die Zukunft der Beziehungen, auch wenn er unbequem ist.
  • Sie zielt auf gleichberechtigte Partnerschaften ab.
  • Sie basiert auf Austausch und orientiert sich an den Zielen, die die Partnerländer selbst formulieren.
  • Sie arbeitet eng mit der lokalen Zivilgesellschaft zusammen.
  • Sie setzt sich dafür ein, dass der Globale Süden in internationalen und multilateralen Formaten gleichberechtigt repräsentiert und gehört wird.
Für die Entwicklungspolitik ist es zentral, koloniale Kontinuitäten zu sehen, Rassismus zu sehen. Also wahrzunehmen, was eine koloniale Tradition ist, die man mitschleppt, wo koloniales Denken in unseren Gesellschaften herrscht, das uns oft gar nicht bewusst ist.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze

Feministische Entwicklungspolitik

Das BMZ verfolgt eine feministische Entwicklungspolitik, die Machtverhältnisse hinterfragt und darauf abzielt, diskriminierende Strukturen abzubauen – seien es diskriminierende soziale Normen, patriarchale Strukturen oder rassistische Denkmuster. Sie trägt damit zu einer Dekolonialisierung der Entwicklungspolitik bei.

Jennifer Makumbi, ugandisch-britische Schriftstellerin, bei ihrer Keynote

Rede „Wie Europa Afrikas Schweigen füllte“ Interner Link

Grundsatzrede der ugandisch-britischen Schriftstellerin Jennifer Makumbi beim High level EventJoint Perspectives: Cooperation with Africa in Times of Change“ am 25. Januar 2023 im BMZ in Berlin anlässlich der Vorstellung der neuen Afrikastrategie des Bundesentwicklungsministeriums

Regionaldirektorin für Afrika beim UNDP, Ahunna Eziakonwa und Bundesministerin Svenja Schulze bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen BMZ-Afrikastrategie

Die neue Afrika-Strategie des BMZ Gemeinsam mit Afrika Zukunft gestalten Interner Link

Afrika wächst und verändert sich stark. Wie es sich entwickelt, wird das 21. Jahrhundert prägen – und damit auch Deutschlands und Europas Zukunft. Geopolitische, demografische und wirtschaftliche Umbrüche und Krisen gefährden gerade auch Afrikas Entwicklungserfolge. Zugleich sind afrikanische Staaten zentrale Partner bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat vor diesem Hintergrund eine neue Afrika-Strategie erarbeitet.

Bundesminister Egon Bahr im Gespräch mit der indischen Premierministerin Indira Gandhi, 1976

Geschichte des Ministeriums Interner Link

Deutschland ist inzwischen seit mehr als 60 Jahren entwicklungspolitisch aktiv. Schon in den 1950er und 1960er Jahren bildete sich Entwicklungspolitik als eigenständiges politisches Handlungsfeld heraus. Das Leid zweier Weltkriege hatte die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit und Unterstützung deutlich gemacht.

Logo der Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik, vier Hände in unterschiedlichen Rot- und Orangetönen übereinander

Feministische Entwicklungspolitik Interner Link

Das BMZ engagiert sich umfassend für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben – unabhängig von Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Behinderung oder von anderen Merkmalen.

Stand: 20.07.2023