Historischer Hintergrund Kolonialismus und Aufarbeitung der Vergangenheit

Das Zeitalter des Kolonialismus begann im 15. Jahrhundert, als zunächst Portugal und Spanien Handels- und Militärstützpunkte außerhalb von Europa einrichteten. Später besetzten auch die Niederlande, England, Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, Russland, Japan und die USA ausländische Gebiete und unterwarfen sie gewaltsam ihrer Herrschaft. Ende des 19. Jahrhunderts hatten die großen Kolonialmächte weite Teile der Welt unter sich aufgeteilt und beuteten ihre Ressourcen aus.

Deutschland begann 1884 mit der Annexion von Kolonien in Afrika und Asien. Nach Fläche bemessen verfügte Deutschland im Jahr 1914 über das drittgrößte Kolonialreich nach Großbritannien und Frankreich. Es umfasste unter anderem Teile der heutigen Staaten Burundi, Ruanda, Tansania, Namibia, Kamerun, Togo, Ghana, China, Papua-Neuguinea sowie mehrere Inseln im Westpazifik. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland seine Kolonien vollständig an andere Kolonialmächte abtreten.

Die weltweite Dekolonisierung erfolgte in mehreren Phasen. Während sich die Staaten in Lateinamerika schon im 19. Jahrhundert von der spanischen beziehungsweise portugiesischen Herrschaft befreiten, erkämpften die meisten Länder in Afrika in den 1960er Jahren ihre Unabhängigkeit.

Die Unterschiede zwischen den ehemaligen Kolonialmächten und den ehemaligen Kolonien blieben jedoch weitgehend bestehen, sowohl mit Blick auf die Wohlstandsverteilung als auch in Bezug auf den globalen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Sie bestimmen bis heute auch die internationale Entwicklungszusammenarbeit.


Aufarbeitung der Kolonialzeit

Die deutsche Kolonialgeschichte wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus weitgehend überdeckt. In den vergangenen Jahren hat die kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit in der Öffentlichkeit, Politik, Wissenschaft und Kultur deutlich zugenommen. Die intensiven Bezüge der heutigen deutschen und europäischen Kultur zu Machtstrukturen und Auffassungen, die auf den Kolonialismus zurückgehen, werden aber bisher in der Öffentlichkeit oder auch in Bildungseinrichtungen nur wenig diskutiert.

Am 15. Mai 2021 paraphierten Namibia und Deutschland eine gemeinsame Erklärung, die bislang noch nicht unterzeichnet wurde. In der gemeinsamen Erklärung wird der Völkermord an den Nama und Herero benannt. Deutschland kündigt an, Namibia offiziell um Vergebung zu bitten.

Podiumsgespräch bei der Tagung „Gemeinsame Perspektiven: Zusammenarbeit mit Afrika in Zeiten des Wandels“ am 25. Januar 2023 mit (von links): Liz Shoo, Moderatorin, Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin für Afrika beim UNDP, Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin, und Mavis Owusu-Gyamfi, Vizepräsidentin beim African Center for Economic Transformation (ACET)

Podiumsgespräch bei der Tagung „Gemeinsame Perspektiven: Zusammenarbeit mit Afrika in Zeiten des Wandels“ am 25. Januar 2023 mit (von links): Liz Shoo, Moderatorin, Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin für Afrika beim UNDP, Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin, und Mavis Owusu-Gyamfi, Vizepräsidentin beim African Center for Economic Transformation (ACET)

Podiumsgespräch bei der Tagung „Gemeinsame Perspektiven: Zusammenarbeit mit Afrika in Zeiten des Wandels“ am 25. Januar 2023 mit (von links): Liz Shoo, Moderatorin, Ahunna Eziakonwa, Regionaldirektorin für Afrika beim UNDP, Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin, und Mavis Owusu-Gyamfi, Vizepräsidentin beim African Center for Economic Transformation (ACET)

Zur historischen Verantwortung der Bundesregierung gehört es unter anderem zu erforschen, welche Überreste von Verstorbenen aus den ehemaligen Kolonien in deutschen Instituten oder Museen zu finden sind und sie zurückzuführen. Auch bei zahlreichen Kunstobjekten muss geklärt werden, wem sie ursprünglich gehörten und auf welchem Weg sie nach Deutschland kamen.

Im partnerschaftlichen Dialog mit den Herkunftsgesellschaften und -staaten soll über einen angemessenen Umgang mit den unrechtmäßig nach Deutschland gebrachten Objekten entschieden werden. Erste Objekte wurden bereits zurückgegeben.

Stand: 20.07.2023