Bildung ist ein Menschenrecht. Jedes Kind hat das Recht auf eine Schulausbildung und jeder Mensch ein Anrecht darauf, seine Lernbedürfnisse zu befriedigen – ein Leben lang. Auf der Basis von Bildung entwickelt sich die Identität des Einzelnen und der Gesellschaft. Sie ist eine Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung, die Verringerung der weltweiten Armut und für ein friedliches Zusammenleben. Bildung befähigt Menschen, ihre politische, soziale, kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation zu verbessern.
Symbolbild: Schülerinnen und Schüler melden sich im Unterricht durch Heben ihrer Hand
Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
Artikel 26 (1) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Weltweit gibt es etwa 763 Millionen Erwachsene (2020), die nicht lesen und schreiben können. Davon sind fast zwei Drittel Frauen. Keine Schule besuchten im Jahr 2019 etwa 64 Millionen Kinder im Grundschulalter, im unteren Sekundarschulalter 63 Millionen Heranwachsende und im oberen Sekundarschulalter 132 Millionen Jugendliche. Insgesamt haben also rund 260 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen.
Die Kinder, die eine Schule besuchen, schließen sie häufig nicht ab: Im Jahr 2020 lagen die Abschlussraten in der Primarstufe im Schnitt bei 87 Prozent, in der unteren Sekundarstufe bei 77 Prozent und in der oberen Sekundarstufe bei 58 Prozent.
Da diese Zahlen der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) auf amtlichen Erhebungen der Staaten beruhen, muss befürchtet werden, dass die Dunkelziffern noch sehr viel höher liegen. In vielen Krisenregionen werden keine Bildungsstatistiken erstellt und auch viele Bewohnerinnen und Bewohner von informellen städtischen Armenvierteln werden statistisch nicht erfasst.
Die Corona-Pandemie führte weltweit zu einer Verschärfung der Bildungssituation. Infolge der langen Schulschließungen verloren Kinder und Jugendliche im Durchschnitt gut ein halbes Schuljahr. Die langfristigen Folgen sind noch nicht gänzlich absehbar. Es wird erwartet, dass der Anteil an Kindern, die im Alter von zehn Jahren keinen einfachen Text lesen und verstehen können, von 57 Prozent (2019) auf 70 Prozent im Jahr 2030 steigen wird.
Außerhalb der Klassenzimmer kann diese Bildungslücke langfristig zu noch größeren Herausforderungen führen. Die wachsende Bildungsarmut wird zu einem geschätzten Verlust von 21 Billionen US-Dollar an zukünftigen Einkommen führen. Die Errungenschaften der Vor-Pandemie-Jahre im Hinblick auf SDG 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) gingen so bereits teilweise verloren.
Armut, schädliche Geschlechternormen und Praktiken, Gewalt und schlechte Infrastruktur verhindern häufig, dass Mädchen in die Schule gehen. Doch Mädchen und Frauen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, ist wichtig für sie selbst, aber auch für die Gesellschaften, in denen sie leben. Studien zeigen, dass Bildung dazu beiträgt, dass Mädchen und Frauen besser selbst über ihr Leben bestimmen können – sie sind gesünder, heiraten später und bekommen im Schnitt weniger Kinder. Zudem sind Mädchen und Frauen mit guter Bildung Motoren für die Entwicklung ihrer Gesellschaften. Sie können aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen und tragen so zu mehr Produktivität und Innovation sowie zur Bekämpfung von Armut bei.
Bildung: ein Schlüsselbereich in der Entwicklungspolitik
Menschen den Zugang zu Bildung zu verwehren heißt, ihnen ein elementares Menschenrecht vorzuenthalten – und damit Entwicklungschancen zu verspielen, für den Einzelnen und die Gesellschaft. Bildung zu fördern ist deshalb eine wichtige Aufgabe der Entwicklungspolitik.
Die internationale Gemeinschaft hat sich dazu verpflichtet, die Bildungssituation weltweit zu verbessern. So lautet das Entwicklungsziel 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung: „Für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen.“
Unter anderem sollen bis zum Jahr 2030 alle Mädchen und Jungen gleichberechtigt eine kostenlose und hochwertige Grund- und Sekundarschulbildung erhalten und alle Jugendlichen und ein erheblicher Anteil der Erwachsenen lesen, schreiben und rechnen lernen.
Die Bundesregierung orientiert sich bei ihrer Bildungsförderung in der Entwicklungszusammenarbeit an den international vereinbarten Zielen. Sie verfolgt dabei das Leitbild des lebenslangen Lernens: Jedem Menschen muss es von der Kindheit bis ins hohe Alter möglich sein, Wissen und Fähigkeiten zu erwerben.
Die im Juli 2015 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vorgelegte Bildungsstrategie „Gerechte Chancen auf hochwertige Bildung schaffen“ zeigte die Prioritäten und Ansätze in der Bildungsförderung auf. Das ganzheitlich ausgerichtete Engagement umfasst alle Lebensphasen – von der frühkindlichen Bildung über die Primarschulbildung (Grundschule), die Sekundarschulbildung (weiterführende Schule) und die berufliche Bildung bis zur Hochschul- und Erwachsenenbildung.
Dabei verfügt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auch über langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Nutzung von digitalen Lernanwendungen. Seit 2015 setzt sie sich zudem explizit für die Stärkung digitaler Kompetenzen benachteiligter Gruppen ein. Gemäß dem Reformkonzept „BMZ 2030“ fördert die deutsche Bundesregierung Grundbildung seit 2020 vor allem multilateral (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). So unterstützt das BMZ die internationalen Bildungsfonds Global Partnership for Education (GPE) und Education Cannot Wait (ECW).
Bedeutung von Bildung
Was bedeutet Bildung für den Einzelnen?
Bildung vermittelt Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen, befähigt zum Weiterlernen und fördert problemlösendes Denken. Sie verleiht dem Menschen nicht nur Fähigkeiten, die ihm im Alltag weiterhelfen („life skills“), sondern auch solche, die im Arbeitsleben von Bedeutung sind („work skills“).
Bildung ist eine zentrale Voraussetzung zur Überwindung von Armut. Bildung erleichtert es den Menschen, Arbeit zu finden und ein eigenes Einkommen zu erzielen. Ohne Bildung bleiben Familien häufig über Generationen hinweg arm.
Wissen ist die Basis für selbstbestimmtes Handeln und Partizipation (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). Bildung ist daher auch das Fundament einer funktionierenden Demokratie: Menschen, die lesen und schreiben können, nehmen häufiger an politischen und sozialen Prozessen teil und fordern ihre persönlichen Rechte ein.
Was bedeutet Bildung für die Wirtschaft?
Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Ohne Bildung können Menschen ihre individuellen Potenziale nicht entfalten und kein Fachwissen erwerben. Ohne ausgebildete Arbeitskräfte wiederum kann kein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum entstehen.
Hochschulbildung und Wissenschaft sind die Grundlagen für neues Wissen und Innovationen. Sie tragen dazu bei, dass die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes gestärkt wird und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Was bedeutet Bildung für die Gesellschaft?
Nur wenn alle Bevölkerungsgruppen die gleiche Chance auf Bildung und Wohlstand haben, kann sich ein friedliches und selbstbestimmtes Miteinander einstellen. Bildung schafft mündige Bürgerinnen und Bürger, die für ihre Rechte eintreten. Besonders bei Mädchen sorgt Bildung für eine Verbesserung der Lebenssituation. Bildung kann überdies einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Gewalt und zu einem friedlichen Zusammenleben leisten.
Bildung ist der Motor für nachhaltige Entwicklung in all ihren Dimensionen: der ökonomischen, der sozialen, der ökologischen und der politisch-kulturellen. Sie kann damit zur Erreichung aller nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030 beitragen. Sie schafft zum Beispiel ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen und natürliche Ressourcen nachhaltig zu nutzen.
Bildung kann außerdem die Entwicklung eines Landes positiv beeinflussen, etwa im Bereich Gesundheit und Ernährung. Regelmäßige Schulmahlzeiten verbessern die Ernährungs- und Gesundheitssituation und fördern die Lern- und Leistungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen. Eine umfassende Sexualaufklärung befähigt junge Menschen dazu, fundierte Entscheidungen über Beziehungen und Sexualität zu treffen. Somit kann unter anderem frühen und ungewollten Schwangerschaften oder der Verbreitung von HIV (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und anderen sexuell übertragbaren Infektionen entgegengewirkt werden.
Frauen mit höherem Bildungsstand bekommen ihre Kinder später, sie planen größere Abstände zwischen den Geburten ein und nehmen häufiger medizinische Versorgung in Anspruch. Kinder von Müttern, die Zugang zu Bildungsangeboten hatten, haben ein geringeres Risiko, vor ihrem fünften Lebensjahr zu sterben. Diese Kinder gehen später auch selbst häufiger zur Schule als Kinder aus bildungsfernen Familien.