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Rahmenbedingungen für ländliche Entwicklung Agrarfinanzierung: Bedarfsgerechte Finanzdienstleistungen für die ländliche Bevölkerung
Die meisten kleinbäuerlichen Familienbetriebe und viele weitere Akteure in den landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) sind aufgrund ihrer schwachen Kapitalausstattung und dem fehlenden Zugang zu bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen nicht in der Lage, sinnvolle Investitionen in die Entwicklung ihres Betriebes zu tätigen, also zum Beispiel ihre Produktion auszuweiten und zu modernisieren. Sie haben keine Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen, ein Sparkonto zu eröffnen oder eine Versicherung gegen Risiken wie Ernteausfälle oder Preisschwankungen abzuschließen. Eine aktive Teilnahme an den dynamisch wachsenden Agrar- und Lebensmittelmärkten ist ihnen daher nicht möglich und somit bleibt ein Großteil des ökonomischen Potenzials im Agrar- und Ernährungssektor ungenutzt.
Banken scheuen Risiken und Kosten
Trotz erkennbarer Fortschritte in den vergangenen 20 Jahren ist das Finanzsystem noch nicht ausreichend auf die Besonderheiten des Agrarsektors eingestellt. Banken und Finanzinstitutionen scheuen die Risiken und Kosten, die unter anderem durch die geringe Besiedlungsdichte des ländlichen Raums, die unzureichende Infrastruktur, die schlechte Datenlage und fehlende Kreditsicherheiten bei den Bauernfamilien entstehen können. Sie konzentrieren sich daher in erster Linie auf städtische Räume und große Unternehmen und investieren kaum in ländliche Filialnetze und entsprechende Finanzdienstleistungen.
In der Folge sind kleinbäuerliche Betriebe häufig auf informelle Finanzierungswege angewiesen, etwa auf Privatkredite oder Geldsendungen von Familienmitgliedern, die im Ausland arbeiten.
Handlungsansätze: Zehn-Punkte-Programm
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die besondere Problematik der Agrarfinanzierung erkannt und sein Engagement in diesem Bereich ausgebaut. Ziel ist, sowohl die Rahmenbedingungen zu verbessern als auch die Angebots- und die Nachfrageseite zu stärken. Dafür hat das BMZ ein Zehn-Punkte-Programm entwickelt:
- Bessere Koordination zwischen Agrar- und Finanzpolitik:
Erarbeitung einer transparenten gemeinsamen Förderpolitik im Bereich Agrarfinanzierung - Verbesserung der Sicherheit von Landrechten:
Fairen und sicheren Zugang zu Land und Wasser schaffen (Mehr dazu lesen Sie hier.) - Stärkung ländlicher Finanzinstitutionen:
Beratung beim organisatorischen und personellen Aufbau von Banken, Spar- und Kreditgenossenschaften sowie Mikrofinanzinstitutionen, langfristige Finanzierung dieser Unternehmen durch Bereitstellung von Krediten und Eigenkapital, Förderung digitaler Technologien, etwa zur Entwicklung mobiler Finanzdienstleistungen - Erschließung lokaler Ressourcen:
Entwicklung und Bereitstellung bedarfsgerechter Sparprodukte für Kleinst- und Kleinunternehmen in der Land- und Ernährungswirtschaft - Entwicklung und Bereitstellung innovativer Finanzierungsmodelle:
Ein Beispiel dafür sind Lagerhausbescheinigungen, die kleinbäuerliche Betriebe für eingelagerte Erntebestände erhalten. Sie können diese Bescheinigungen als Kreditsicherheit einsetzen. Zugleich bewahrt die Lagerung davor, die Produkte direkt nach der Ernte zu niedrigen Preisen verkaufen zu müssen. - Stärkung der Agrarinformationsbasis:
Aufbau von Kreditauskunfteien, regionalen landwirtschaftlichen Datenbanken und flächendeckenden Wetterstationen, um angepasste und zielgruppengerechte Finanzdienstleistungen und Agrarversicherungen anbieten zu können. - Smarte Subventionen im ländlichen Finanzwesen:
Entwicklung zielgenauer, zeitlich begrenzter und wettbewerbsneutraler Förderprogramme und Investitionsbeihilfen, Aufbau leistungsfähiger Finanzinstitutionen - Förderung von bäuerlichen Organisationen:
Unterstützung bäuerlicher Organisationsformen wie zum Beispiel Erzeugergemeinschaften, Genossenschaften und Berufsverbänden, die den Zugang zu Märkten, Technologien und Finanzdienstleistungen erleichtern (Mehr dazu lesen Sie hier.) - Förderung und Finanzierung von landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten (WSK):
WSK-Finanzierung durch Banken und Mikrofinanzinstitutionen, informelle Lösungen durch WSK-interne Finanzierungsmodelle (Mehr zum Thema Wertschöpfungsketten finden Sie hier.) - Förderung eines integrierten Risikomanagements:
Verringerung des Risikos von Ernteausfällen durch Naturgefahren durch Präventions- und Anpassungsmaßnahmen (etwa Anbau robusterer Pflanzensorten), Aufbau maßgeschneiderter Agrarversicherungen