Stand: 30.12.2024
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Georgien
Stopp von Kooperationen mit der georgischen Regierung
Das Bundesentwicklungsministerium hat entschieden, geplante Projekte mit der georgischen Regierung im Umfang von 237 Millionen Euro zu stoppen. Damit zieht Entwicklungsministerin Svenja Schulze eine weitere Konsequenz aus der Abkehr der georgischen Regierung von einer EU-Annäherung und dem andauernden gewaltsamen Vorgehen gegen die pro-europäischen Massendemonstrationen.
Bei den gestoppten Projekten handelt es sich um Projektfinanzierungen für die Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft in Georgien, für die Modernisierung der Wasserinfrastruktur in Batumi und den Ausbau der Energienetze.
Weite Teile des deutschen entwicklungspolitischen Engagements in Georgien zielten darauf ab, die Annäherung des Landes an die EU, die auch in der Verfassung Georgiens verankert ist, voranzubringen. Diese wird von der georgischen Regierung de facto nicht weiterverfolgt. Gleichzeitig kommt es zu systematischen Menschenrechtsverletzungen beim Versuch, die Massenproteste gegen die Regierungspolitik zu unterbinden.
Deshalb hatte das Bundesentwicklungsministerium bereits am 3. Dezember beschlossen, vorerst keine neuen Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit mit Georgien zuzusagen oder zu beauftragen und die gesamte Zusammenarbeit mit der georgischen Regierung auf den Prüfstand zu stellen. Der nun beschlossene Stopp der Projekte im Umfang von 237 Millionen Euro ist die erste Entscheidung, die aus dieser Überprüfung hervorgegangen ist. Die Überprüfung weiterer noch laufender Projekte ist noch nicht abgeschlossen.
Fortgeführt werden sollen aber Projekte, bei denen der Nutzen für die mehrheitlich pro-europäisch eingestellte Bevölkerung überwiegt und die Annäherung an Europa auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen weiterhin vorangebracht werden kann. Schon im Zuge der Verabschiedung des sogenannten „Transparenzgesetzes“ hatte Deutschland im Sommer 2024 zusätzliche Unterstützungsangebote für zivilgesellschaftliche Organisationen aufgesetzt. Diese umfassen Rechtsberatung, Schulungen zu Cybersicherheit oder auch psycho-soziale Unterstützung.
Entwicklungsministerin Schulze hat die georgische Regierung dazu aufgerufen, die Gewalt gegen die Bevölkerung zu stoppen und auf den in der Verfassung verankerten Pfad der EU-Integration zurückzukehren.
Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Georgien gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als sich schwäbische Auswanderer im Südkaukasus ansiedelten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war Deutschland 1991 das erste Land, das die Unabhängigkeit Georgiens anerkannte. Seine geografische Lage macht Georgien zu einem wichtigen Verbindungsland zwischen Europa und Asien.
Seit einem knappen Jahr weicht die georgische Regierung von ihrem bis dahin verfolgten Kurs der Annäherung an EU und NATO ab. Sie hat mehrere Gesetze erlassen, die mit dem Rechte- und Wertekanon der EU nicht vereinbar sind, wie das sogenannte Transparenzgesetz und das Gesetz zum Schutz der Familie, das LSBTIQ+ (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)-Personen diskriminiert. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2024 konnte die Regierungspartei Georgischer Traum eine Mehrheit erringen, Beobachterinnen und Beobachter stellten jedoch gravierende Unregelmäßigkeiten fest. Seit der Ankündigung von Premierminister Irakli Kobakhidze am 28. November 2024, Beitrittsverhandlungen mit der EU bis 2028 auszusetzen, kommt es in Georgien zu proeuropäischen Massenprotesten.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatte die georgische Regierung große Anstrengungen unternommen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auszubauen, sich an europäische Rechtsstandards anzupassen, die Korruption zu bekämpfen und die Investitionsbedingungen zu verbessern. Lange Zeit galt Georgien deshalb als „Reformvorreiter“ unter den ehemaligen Sowjetrepubliken im Kaukasus. Bereits in den vergangenen Jahren hemmten jedoch politische Differenzen und Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition die Entwicklung des Landes und wichtige Prozesse wurden blockiert. Dabei ist der Reformbedarf weiterhin hoch. Große Teile der georgischen Bevölkerung leiden unter Armut und Arbeitslosigkeit.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch starke Auswirkungen auf Georgien. Russland ist ein wichtiger Absatzmarkt für georgische Produkte, zudem tragen die Rücküberweisungen von Arbeitsmigrantinnen und -migranten signifikant zum georgischen Bruttoinlandsprodukt bei. Weiterhin ungelöst ist der territoriale Konflikt um Abchasien und Südossetien. Die beiden abtrünnigen georgischen Regionen streben nach Unabhängigkeit und werden dabei von Russland unterstützt. Seit dem Krieg zwischen Russland und Georgien 2008 und der immer noch bestehenden Präsenz russischer Truppen in Abchasien und Südossetien sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Georgien und Russland unterbrochen.
Georgien strebte bis vor Kurzem eine Annäherung an den Westen an. Seit 2016 ist ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien in Kraft, das eine politische und wirtschaftliche Annäherung an die EU zum Ziel hat. Im März 2022 hat Georgien, ebenso wie die Ukraine und die Republik Moldau, einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Seit Dezember 2023 hat Georgien offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Der Beitrittsprozess wurde nach der Verabschiedung des sogenannten Transparenzgesetzes im Mai 2024 von der EU vorerst gestoppt. Auch die Mitgliedschaft in der NATO ist ein Ziel des Landes und wie die EU-Ausrichtung in der Verfassung verankert. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hält im Gegensatz zur Regierung an diesen Zielen fest.
Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Georgien
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat Georgien seit 1992 auf seinem Weg zu sozialer Marktwirtschaft, Rechtstaatlichkeit und Demokratie unterstützt. Die bisherige Kooperation fand im regionalen Verbund der drei Länder des Südkaukasus statt (Georgien, Armenien, Aserbaidschan). Im Zuge des Reformprozesses „BMZ 2030“ wurde Georgien in die Reihe der bilateralen Kooperationsländer aufgenommen und zählt seitdem zu den sogenannten Transformationspartnern (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in der östlichen Nachbarschaft der Europäischen Union.
Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Ereignisse in Georgien steht die Entwicklungszusammenarbeit mit Georgien auf dem Prüfstand (Stand Dezember 2024).
Bei Regierungsverhandlungen im November 2023 bekräftigte das BMZ seine weitere Unterstützung für den Reformkurs und die EU-Annäherung Georgiens. Zugleich wurde die Notwendigkeit betont, weitere Fortschritte bei der Justizreform, dem Schutz von Minderheitenrechten und der gesellschaftlichen Versöhnung zu erreichen.
Die deutsch-georgische Kooperation konzentriert sich bislang auf folgende Kernthemen:
- Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Ausbildung und Beschäftigung
Aktionsfelder: Berufliche Bildung, Privatsektor- und Finanzsystementwicklung - Klima und Energie, Just Transition (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)
Aktionsfelder: Erneuerbare Energie und Energieeffizienz, Nachhaltige Stadtentwicklung
Darüber hinaus unterstützt das BMZ Georgien im Bereich der guten Regierungsführung, zum Beispiel bei der Reform der öffentlichen Finanzen sowie bei der Förderung von Bürgerbeteiligungsprozessen. Durch die Einrichtung von 35 Bürgerbüros und die Einführung eines elektronischen Datenmanagement- und Verarbeitungssystems in 63 Munizipalitäten profitieren inzwischen bis zu 85 Prozent der Bevölkerung von verbesserten öffentlichen Dienstleistungen.
Auch die regionale Zusammenarbeit spielt weiterhin eine wichtige Rolle. Diese findet im Verbund der sechs Länder der „Östlichen Partnerschaft (Externer Link)“ der Europäischen Union statt und widmet sich grenzüberschreitenden Themen, wie Handelsfragen und Digitalisierungsprozessen.
Entwicklungspolitische Kennzahlen
- Georgien
- Deutschland
Allgemeine Informationen
Hinweise für die Nutzung
Klicken Sie sich durch die oben angeordneten verschiedenen Rubriken und finden Sie aktuelle Zahlen aus Georgien sowie – zum Vergleich – aus Deutschland.
Weitere Informationen zu den einzelnen Daten und die Quellenangabe können Sie mithilfe des i-Zeichens abrufen.
Gesamtbevölkerung
Erläuterung und Quellenangabe
Die Angabe zur Gesamtbevölkerung basiert auf der faktischen Definition von Bevölkerung, die alle Einwohnerinnen und Einwohner, die in einem Land ansässig sind, unabhängig von ihrem rechtlichen Status oder ihrer Staatsangehörigkeit umfasst. Die Zahlen geben die Schätzungen zur Jahresmitte wieder.
Quelle: Globale Entwicklungsdaten der Weltbank (Externer Link)
Fläche
Erläuterung und Quellenangabe
Gesamtfläche eines Landes (in Quadratkilometern) einschließlich der Gebiete unter Binnengewässern und einigen Küstenwasserstraßen.
Quelle: Globale Entwicklungsdaten der Weltbank (Externer Link)
Rang im HDI
Erläuterung und Quellenangabe
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht jährlich einen Bericht über die menschliche Entwicklung. Der darin enthaltene Index der menschlichen Entwicklung (englisch: Human Development Index, HDI) erfasst die durchschnittlichen Werte eines Landes in grundlegenden Bereichen der menschlichen Entwicklung. Dazu gehören zum Beispiel die Lebenserwartung bei der Geburt, das Bildungsniveau sowie das Pro-Kopf-Einkommen. Aus einer großen Zahl solcher Einzelindikatoren wird eine Rangliste errechnet.
SDG-Trends für Georgien
- Auf Kurs oder Bewahrung
- Leichte Verbesserung
- Stillstand
- Abnehmend
- Informationen nicht verfügbar