Fischmarkt in Saint Louis, Senegal

Politische Situation Machtwechsel an der Spitze des Landes

Senegal ist eine Präsidialdemokratie; Verfassung und Rechtsordnung orientieren sich stark am französischen Modell. Im März 2024 wurde der Oppositionskandidat Bassirou Diomaye Faye zum neuen Präsidenten des Landes gewählt. Er löste Macky Sall ab, der Senegal seit 2012 regiert hatte. Bereits bei den Parlamentswahlen 2022 hatte die von Sall geführte Koalition die absolute Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung verloren.

Bei der Präsidentschaftswahl waren zahlreiche ausländische Wahlbeobachterinnen und -beobachter vor Ort, die den Urnengang als frei, fair, friedlich und gut organisiert bewerteten.
Diomaye Faye hatte im Wahlkampf einen „Systemwechsel“ versprochen. Er wolle gegen Korruption und schlechte Regierungsführung vorgehen und die Einkünfte aus den reichen Rohstoffvorkommen des Landes gerechter verteilen.

Sein Amtsvorgänger hatte ein umfangreiches Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes bis 2035 („Plan Sénégal Emergent“) aufgelegt. Zu den politischen Schwerpunkten zählten die Herstellung wirtschaftlicher Stabilität, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Stärkung des Privatsektors und der Ausbau der Infrastruktur.

Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Regierung von Macky Sall für zunehmende Einschränkungen der Meinungs-, Informations-, Versammlungs- und Pressefreiheit und warfen ihr willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen von Oppositionellen und Journalisten vor.


Innenpolitische Spannungen

In den vergangenen Jahren kam es in Senegal mehrfach zu Unruhen mit Toten und Verletzten. Auslöser waren mehrere Gerichtsverfahren gegen den Oppositionspolitiker Ousmane Sonko. Er galt als aussichtsreichster Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2024. Nach einer Verurteilung wegen „Verführung der Jugend“ im Juni 2023 wurde er jedoch nicht zur Wahl zugelassen. Im Juli 2023 wurde Sonko erneut festgenommen, unter anderem wegen Aufruf zum Aufruhr und Gefährdung der Staatssicherheit. Seine Partei wurde aufgelöst.

Eine innenpolitische Krise und neue massive Proteste löste Anfang Februar 2024 die Ankündigung Salls aus, die ursprünglich für den 25. Februar geplante Präsidentschaftswahl auf Ende des Jahres zu verschieben. Der Verfassungsrat erklärte die Verschiebung jedoch für ungültig.

Sonkos enger Vertrauter Diomaye Faye trat als unabhängiger Kandidat an und gewann bereits im ersten Wahlgang am 24. März die absolute Mehrheit der Stimmen. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung am 2. April ernannte er Ousmane Sonko zum Premierminister. Beide waren erst kurz vor der Wahl aufgrund einer Generalamnestie für politische Gefangene aus dem Gefängnis entlassen worden.

Casamance-Konflikt

Senegal wird durch den Staat Gambia in einen Nord- und einen kleineren Südteil getrennt. In der südlichen Region, der Casamance, hat die politische und wirtschaftliche Isolation zu einer Unabhängigkeitsbewegung geführt. Drei Jahrzehnte lang gab es gewalttätige Auseinandersetzungen, bis 2012 ein Waffenstillstand geschlossen wurde. Doch auch danach kam es immer wieder zu militärischen Einsätzen in der Region.

Die Regierung unter dem damaligen Präsidenten Sall führte Verhandlungen mit den rivalisierenden Separatistengruppen, im Sommer 2022 wurde eine erste Friedensvereinbarung geschlossen. Die Hoffnungen der Bevölkerung auf einen dauerhaften Frieden richten sich nun auf die neue Regierung, die großen politischen Rückhalt in der Region genießt. Premierminister Sonko ist in der Casamance aufgewachsen und wurde 2022 zum Bürgermeister der Regionalhauptstadt Ziguinchor gewählt.

Außenpolitik

Senegal übernahm in den vergangenen Jahren eine aktive und stabilisierende Rolle in der Außenpolitik, sowohl in der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Economic Community of West African States (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), ECOWAS) als auch in der Afrikanischen Union (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (AU) und den Vereinten Nationen. Das Land tritt als Vermittler in regionalen Konflikten auf und ist ein wichtiger Truppensteller für UN-Friedensmissionen.

Präsident Faye und Premierminister Sonko verfolgen einen panafrikanischen Kurs und haben angekündigt, die Beziehungen zum Westen und insbesondere zur früheren Kolonialmacht Frankreich neu bewerten zu wollen. Ob und wie sich der Machtwechsel auf das Verhältnis Senegals zu Deutschland und zur Europäischen Union auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Stand: 28.05.2024