Hilfe zur Selbsthilfe für Flüchtlinge aus Sudan Tschad, Deutschland und die Vereinten Nationen unterstützen durch Vergabe von Land
Schulze: „Die Menschen im Sudan und seinen Nachbarländern erleben die derzeit größte Flüchtlingskrise der Welt. Tschad, selbst ein sehr armes Land, leistet Enormes für Aufnahme und Integration der Menschen. Das verdient Anerkennung und konkrete internationale Unterstützung. Man muss leider davon ausgehen, dass eine Rückkehr in den Sudan für die meisten Flüchtlinge auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird. Umso wichtiger ist es, dass Tschad den Flüchtlingen eine echte Bleibeperspektive anbietet. Viele von ihnen sind starke Frauen, die sich selber helfen können. Und humanitäre Hilfe ist keine Dauerlösung. Darum ist der Ansatz, den Flüchtlingen und Aufnahmegemeinden Land zu geben und es als Äcker und Weiden wieder nutzbar zu machen, so wegweisend: Wer fruchtbares Land hat, kann sich selbst versorgen. Wer fruchtbares Land hat, kann bleiben.“
Rania Dagash-Kamara, Beigeordnete Exekutivdirektorin für Partnerschaften und Innovation beim WFP: „Diese Initiative im Tschad ist beispielhaft dafür, wie starke Partnerschaften und innovative Ansätze Flüchtlinge und gefährdete Bevölkerungsgruppen dabei unterstützen können, Herausforderungen zu bewältigen. Indem wir Flüchtlinge in lokale Gemeinschaften integrieren und sie mit wichtigen Ressourcen wie Land unterstützen, leisten wir nicht nur unmittelbare Hilfe, sondern ebnen auch den Weg für langfristige Ernährungssicherheit, Stabilität, Eigenständigkeit und sozialen Zusammenhalt. Deutschland ist ein wichtiger Partner, der sich gemeinsam mit WFP und anderen Partnern in der Region und darüber hinaus für diesen zukunftsweisenden Ansatz eingesetzt hat. Wir sind stolz auf die transformative Wirkung, die damit erzielt wurde.“
Die sogenannte Haguina-Initiative der tschadischen Regierung wurde mithilfe eines WFP-Fonds entwickelt, der mit deutscher Unterstützung ins Leben gerufen werden konnte. Haguina bedeutet „Es ist unsers“ im tschadischen Arabisch. Die bislang aus dem WFP-Fonds zugesagten Mittel liegen bei sieben Millionen US-Dollar.
Bei dem Land handelt es sich oft um degradierte Flächen, die, unterstützt von den UN-Organisationen, erst wieder nutzbar gemacht werden müssen. Diese Arbeit gibt Flüchtlingen und Menschen in den Aufnahmegemeinden erste Einkommensmöglichkeiten. Die Auswahl des Landes erfolgt unter der Voraussetzung, dass es nicht zu nah an der Grenze zu Sudan liegt, dass Wasser vorhanden ist und die lokale Bevölkerung zustimmt. Bisher stehen 17.500 Hektar Land aus öffentlichem und privatem Besitz in sechs Provinzen bereit. In der ersten Umsetzungsphase sollen in Kürze 3.138 Hektar Land an rund 3.000 Familien verteilt werden, davon die eine Hälfte an Flüchtlinge und die andere Hälfte an bedürftige Einheimische in Aufnahmegemeinden. Die Menschen sollen so in die Lage versetzt werden, sich selbst versorgen zu können. Damit kann die Haguina-Initiative den Zusammenhalt zwischen Flüchtlingen und Aufnahmegemeinden stärken und die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe reduzieren. Eine Studie der Weltbank zeigt, dass jeder Euro, der in die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Menschen in fragilen Lebenssituationen investiert wird, vier Euro humanitäre Hilfe einspart.
Neben dem WFP sind seitens der Vereinten Nationen auch die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR, UNICEF und die Landwirtschaftsorganisation FAO an der Initiative beteiligt. Die Urbarmachung des Landes wirkt neben dem Nutzen für Flüchtlinge und Aufnahmegemeinden auch als Anpassung an den Klimawandel und als Maßnahme gegen die Ausbreitung der Wüste. Denn aus den größtenteils brachliegenden Flächen können teils mithilfe einfacher alter Methoden („Halbmondtechnik“) wieder fruchtbare Äcker und Weiden entstehen.