Infektionskrankheiten Vernachlässigte Tropenkrankheiten
(Externer Link)Sie unterscheiden sich deutlich hinsichtlich ihrer Erreger und der Übertragungswege sowie der geografischen Verteilung. Auch der Wissensstand über die Möglichkeiten der Diagnose und Therapie ist bei diesen Krankheiten sehr unterschiedlich.
Neben relativ bekannten Erkrankungen wie Lepra, Tollwut, Bilharziose oder Flussblindheit gehören auch weitgehend unbekannte Infektionen zu dieser Gruppe, zum Beispiel die Frambösie oder das Buruli-Ulkus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an einer oder mehreren dieser Krankheiten leiden. Der wirtschaftliche Schaden für die betroffenen Entwicklungsländer beläuft sich laut WHO auf mehrere Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Leid nach außen kaum sichtbar
Vernachlässigte Tropenkrankheiten betreffen vor allem arme Bevölkerungsgruppen, die in einem schwierigen Umfeld leben, etwa in abgelegenen ländlichen Gebieten, in städtischen Armutsvierteln, in Konfliktzonen oder in Regionen, die von Naturkatastrophen betroffen sind. Oft treten diese Krankheiten im Zusammenhang mit unsauberem Trinkwasser und fehlenden Sanitäreinrichtungen auf. Viele der Kranken haben keinen Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung und keine Möglichkeit, sich politisch zu artikulieren.
Lange Zeit hatte die Bekämpfung der vernachlässigten Tropenkrankheiten für die Politik und die Forschung keinen besonders hohen Stellenwert. Die Erkrankungen verursachen zwar großes körperliches und seelisches Leid und haben häufig lebenslange Einschränkungen zur Folge. Diese Konsequenzen sind jedoch nach außen oft weniger sichtbar als bei Infektionskrankheiten mit dramatischem Krankheitsverlauf und hoher Sterblichkeit.
Übergreifender Ansatz nötig
In der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hat die internationale Staatengemeinschaft sich das Ziel gesetzt, die vernachlässigten Tropenkrankheiten bis zum Jahr 2030 zu beseitigen (Ziel 3.3). Voraussetzung für dauerhafte Erfolge bei der Bekämpfung dieser Krankheiten ist ein umfassender und übergreifender Ansatz, den auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfolgt.
Langfristig reichen rein medizinische Maßnahmen nicht aus – die gesamte Lebenssituation der Betroffenen muss verbessert werden. Darum ist es sinnvoll, verschiedene Aktivitäten gegen die Krankheiten zu bündeln. So muss neben der medizinischen Infrastruktur auch die Trinkwasser- und Sanitärversorgung ausgebaut werden. Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungs- und Einkommenssituation gehören zu diesem umfassenden Ansatz.
Deutsches Engagement
Deutschland unterstützt seit Langem umfassende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten. Die Art des Engagements hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich heute darauf, die Gesundheitssysteme als solche zu stärken – unabhängig von spezifischen Krankheiten. Im Mittelpunkt des Engagements stehen daher nicht mehr Programme zur Bekämpfung einzelner Krankheiten, sondern vielmehr die Einbindung nationaler NTD-Programme in eine allgemeine Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung.
Unter anderem unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Mitgliedsländer der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (Communauté Economique et Monétaire de l'Afrique Centrale, CEMAC) dabei, ihre Programme zur Behandlung und Kontrolle vernachlässigter Tropenkrankheiten wirksam umzusetzen. Im Zuge dessen werden auch junge Wissenschaftler aus der Region gefördert, die auf diesem Gebiet forschen.
Im Rahmen des BMZ-Sonderprogramms „Gesundheit in Afrika“ wird der Aufbau von Laborkapazitäten in Ost- und Westafrika gefördert. Denn moderne Diagnoseverfahren sind eine Voraussetzung dafür, Krankheiten zu erkennen, Behandlungserfolge zu überwachen und Übertragungswege zu unterbrechen. Darüber hinaus unterstützt das BMZ seine Partnerländer dabei, lokale pharmazeutische Produktionen aufzubauen. So können sie im Einklang mit internationalen Standards wirksame, bezahlbare und qualitativ hochwertige Medikamente selbst herstellen.
Global Health Investment Fund
Obwohl rund 90 Prozent der vermeidbaren Todesfälle durch vernachlässigte Tropenkrankheiten in Entwicklungsländern auftreten, werden nur etwa zehn Prozent der weltweiten medizinischen Forschungsmittel für die Entwicklung von entsprechenden Testverfahren, Medikamenten und Impfstoffen ausgegeben. Der Global Health Investment Fund (GHIF) will hier entgegenwirken: Ziel des Sozialfonds ist es, innovative Finanzierungslösungen für Gesundheitsprobleme zu finden, die große Auswirkungen auf das Leben der Menschen in armen Ländern haben, aber nur geringe Investitionen erhalten.
Die KfW Entwicklungsbank hat im Auftrag des BMZ die Gründung des Fonds 2012 mit zehn Millionen Euro unterstützt und damit etwa zehn Prozent des Fondskapitals zur Verfügung gestellt. Der GHIF finanziert unter anderem die Entwicklung und Markteinführung von neuen Medikamenten, Impfstoffen und Instrumenten zur Diagnostik vernachlässigter Tropenkrankheiten.