Stand: 05.02.2025

Afghanistan

Nach der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 stürzte Afghanistan in eine dramatische sozio-ökonomische Krise. Die Corona-Pandemie und anhaltende Dürren verstärken einen beispiellos schnellen Kollaps der afghanischen Wirtschaft. In Afghanistan besteht eine der größten humanitären Notlagen weltweit.

Nach Angaben der Vereinten Nationen leben 64 Prozent der afghanischen Bevölkerung in Armut. Etwa die Hälfte der 41,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. 14 Millionen Menschen leiden akut an Hunger. Millionen Kinder sind von schwerer Unterernährung und lebensbedrohlichen Krankheiten bedroht. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass 2025 allein für die Unterstützung der Grundbedürfnisse der besonders gefährdeten Menschen in Afghanistan – wie Kranke, Babys, Schwangere und Hochbetagte – 2,5 Milliarden US-Dollar erforderlich sind.

Die De-facto-Autoritäten verletzen massiv die Menschenrechte, insbesondere die Rechte von Frauen, Mädchen und Minderheiten, und verdrängen Frauen und Mädchen systematisch aus dem öffentlichen Leben. Die Vereinten Nationen bewerten diese gezielte Diskriminierung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unter anderem ist Mädchen der Besuch von weiterführenden Schulen und Frauen der Besuch von Universitäten untersagt. Im Dezember 2024 untersagten die De-facto-Autoritäten zudem die Ausbildung von Frauen im Gesundheitsbereich. Darüber hinaus ist es Frauen verboten, in Nichtregierungsorganisationen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zu arbeiten, ohne männliche Begleitung zu reisen und öffentliche Plätze wie Parks zu besuchen. Die De-facto-Regierung Afghanistans wird international weiterhin nicht anerkannt.


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Weiteres entwicklungspolitisches Engagement notwendig und möglich

Die afghanische Bevölkerung braucht dringend Unterstützung, um dem Zusammenbruch der Grundversorgung entgegenzusteuern. Die internationale Gemeinschaft ist sich einig: Humanitäre Hilfe reicht in dieser Situation nicht aus.

Regierungsfern bedeutet:

Das BMZ führt keine Regierungsverhandlungen mit der Taliban-Regierung, stimmt die Projekte nicht mit ihr ab und arbeitet in keiner Weise mit ihr zusammen. Dementsprechend erfolgen auch keine finanziellen Zusagen an das Taliban-Regime.

Das BMZ setzt seine Finanzmittel nur außerhalb des afghanischen Staatshaushalts ein, die Taliban haben keinen Einfluss auf Projektstandorte, Zielgruppen oder Partner.

Deshalb hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zwar nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 die staatliche bilaterale (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Afghanistan ausgesetzt – gleichzeitig wird aber die Unterstützung für die afghanische Bevölkerung regierungsfern und bevölkerungsnah fortgesetzt.

Das heißt, das BMZ verhandelt nicht mit Vertretern der Taliban-Regierung und arbeitet auch nicht anderweitig mit ihnen zusammen.

Aber: Deutschland lässt die afghanische Bevölkerung nicht allein.

Die Unterstützung des BMZ zielt darauf ab, die Basisversorgung aufrechtzuerhalten und damit zur mittel- und langfristigen Überwindung der humanitären Krise beizutragen. Die Umsetzung der entwicklungspolitischen Maßnahmen vor Ort erfolgt ausschließlich regierungsfern über die Weltbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen.

Der Schutz der Menschenrechte, besonders der Rechte von Frauen und Mädchen, ist zentral. Das BMZ-Engagement folgt daher dem Grundsatz „mit Frauen für Frauen“: Soweit Frauen in den vom BMZ finanzierten Programmen mitarbeiten und Frauen durch diese Programme erreicht werden können, setzt das BMZ das Engagement zum Erhalt der Basisversorgung fort.

Das deutsche Engagement

2021

Um die humanitäre Katastrophe abzumildern und einer Destabilisierung der Region vorzubeugen, hat Deutschland nach der Machtübernahme der Taliban ein Krisenpaket für humanitäre Hilfe, strukturbildende Übergangshilfe und Basisversorgung geschnürt. Diese Mittel wurden in Afghanistan selbst, aber auch in den Nachbarländern eingesetzt – unter anderem zur Unterstützung afghanischer Flüchtlinge und aufnehmender Gemeinden. Zu diesem Krisenpaket der Bundesregierung steuerte das BMZ 184 Millionen Euro für die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung bei.

2022

Im Jahr 2022 hat das BMZ 187 Millionen Euro aus seinem Haushalt für Afghanistan bereitgestellt (115 Millionen Euro für technische (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und finanzielle Zusammenarbeit (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), 72 Millionen Euro für strukturbildende Übergangshilfe).

2023

Im Jahr 2023 wurden 104 Millionen Euro aus dem Haushalt des BMZ zur Verfügung gestellt (77 Millionen Euro für die technische und finanzielle Zusammenarbeit, 27 Millionen Euro für strukturbildende Übergangshilfe).

2024

Die sozio-ökonomische Situation der Bevölkerung in Afghanistan ist weiterhin katastrophal. Zur Sicherung der Basisversorgung und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung stellte das BMZ im Jahr 2024 76 Millionen Euro zur Verfügung (59 Millionen Euro für die technische und finanzielle Zusammenarbeit, 17 Millionen Euro für strukturbildende Übergangshilfe).

Das BMZ arbeitet weiterhin nach dem Grundsatz, dass die De-facto-Autoritäten keinen Einfluss auf die Projektgestaltung nehmen und keine Mittel erhalten. Zudem werden nur Vorhaben umgesetzt, in denen Frauen arbeiten und durch die Frauen erreicht werden können. Das BMZ setzt seine Zusammenarbeit mit Weltbank, Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen fort, und zwar in den Bereichen Ernährungssicherung, Bildung, Gesundheitsversorgung, psychosoziale Unterstützung, Beschäftigung und soziale Sicherung. Zudem unterstützt das BMZ in Reaktion auf die schweren Erdbeben in der Provinz Herat im Oktober 2023 die betroffene Bevölkerung.

Prinzipien unseres Engagements

Das BMZ hat sich mit anderen Gebern auf grundlegende Prinzipien für das internationale Engagement in Afghanistan verständigt. Dazu gehören zum Beispiel das regierungsferne Vorgehen und der gleichberechtigte Zugang zur Unterstützung für Frauen und Mädchen.

Als die Taliban im Dezember 2022 ein Beschäftigungsverbot für Frauen in Nichtregierungsorganisationen verhängten, setzte das BMZ umgehend die meisten Vorhaben des bilateralen entwicklungspolitischen Engagements aus, um in enger Abstimmung mit anderen internationalen Gebern das weitere Vorgehen abzustimmen.

Die Bundesregierung verfolgt die Situation der Frauen und Mädchen in Afghanistan sehr aufmerksam und entscheidet je nach Entwicklung, ob eine Anpassung des Engagements erforderlich ist.

Ziele der deutschen Entwicklungspolitik in Afghanistan

Deutschland will auch in Zukunft dazu beitragen, die Lebensumstände der afghanischen Bevölkerung zu verbessern. Die Ziele der entwicklungspolitischen Maßnahmen sind daher die

  • Stärkung der Widerstandskraft (Resilienz (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) der Bevölkerung und Unterstützung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts und die
  • Förderung von funktionsfähigen Strukturen der Grundversorgung und sozialem Zusammenhalt sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.

Das BMZ unterstützt in Afghanistan Projekte, die dazu beitragen, die menschlichen Grundbedürfnisse zu sichern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Mädchen sowie anderer benachteiligter Gruppen. Im Bereich der Ernährungssicherung wird beispielsweise der Anbau von trockenresistenten Arten und Sorten unterstützt. Es werden Küchengärten und Gewächshäuser in Schulen errichtet und Einkommensmöglichkeiten für Frauen im ländlichen Bereich geschaffen (Bienenhaltung oder Geflügelzucht).

Im Bereich Bildung werden unter anderem non-formale Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen im Gesundheitsbereich angeboten, Lehrkräfte im Primarbereich fortgebildet (etwa zu Hygienemaßnahmen für Mädchen und zur Unterstützung traumatisierter Schülerinnen und Schüler) und der Betrieb von Schulküchen unterstützt.

Unterstützung für afghanische Binnenvertriebene und Flüchtlinge in den Nachbarländern

Bereits vor der Machtübernahme der Taliban war Afghanistan nach Syrien und Venezuela weltweit das drittgrößte Herkunftsland von Flüchtlingen. Die meisten afghanischen Flüchtlinge bleiben in der Region: Zurzeit leben fast sechs Millionen Afghaninnen und Afghanen in den Nachbarländern, vor allem in Pakistan und Iran. Im Herbst 2023 kündigte die pakistanische Regierung an, dass alle nicht-registrierten Ausländer das Land verlassen müssen. Diese Ankündigung betrifft mehr als eineinhalb Millionen Afghaninnen und Afghanen. Bisher sind daraufhin mehr als 800.000 von ihnen zurückgekehrt. Mehr als drei Millionen Menschen, die aus ihren Heimatorten vertrieben wurden, haben in anderen Landesteilen Afghanistans Schutz gesucht.

Evaluierung und Forschung

Um für das zukünftige Engagement in fragilen Kontexten aus Erfahrungen zu lernen, werden die in der BMZ-Arbeit gewonnenen Erkenntnisse („Lessons Learned“) aufgearbeitet. Daran sind weitere Ministerien, die Durchführungsorganisationen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (vor allem GIZ (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und KfW (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)), zivilgesellschaftliche (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Partner wie Nichtregierungsorganisationen – auch aus der afghanischen Diaspora – sowie wissenschaftliche Einrichtungen beteiligt.

Darüber hinaus hat die Enquete-Kommission des Bundestages „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ (Externer Link) ihren Abschlussbericht (Externer Link) veröffentlicht. Darin hat sie Empfehlungen an die Bundesregierung formuliert, die sich auf das Zusammenspiel von militärischen und zivilen Maßnahmen im internationalen Krisenmanagement beziehen. Der Bericht enthält außerdem Überlegungen dazu, wie ein solches Engagement aussehen müsste, um erfolgreich zu sein.

Entwicklungspolitische Kennzahlen

  • Afghanistan
  • Deutschland

Allgemeine Informationen

Hinweise für die Nutzung

Klicken Sie sich durch die oben angeordneten verschiedenen Rubriken und finden Sie aktuelle Zahlen aus Afghanistan sowie – zum Vergleich – aus Deutschland.

Weitere Informationen zu den einzelnen Daten und die Quellenangabe können Sie mithilfe des i-Zeichens abrufen.

Afghanistan Hauptstadt Kabul

Gesamtbevölkerung

in Millionen (2023)
41,45
83,28

Fläche

in Quadratkilometern
652.860
357.600

Rang im HDI

Index der menschlichen Entwicklung (HDI), 193 Länder (Ränge können mehrfach belegt sein)
181
GN
Flagge von Guinea
182
AF
Flagge von Afghanistan
183
MZ
Flagge von Mosambik
5
SE
Flagge von Schweden
7
DE
Flagge von Deutschland
7
IE
Flagge von Irland