Achter Jahrestag von Rana Plaza Entwicklungsminister Müller: „Rana Plaza darf sich nicht wiederholen“
„Wer ein T-Shirt 'Made in Germany' kauft, muss sicher sein, dass dafür keine Arbeiter ausgebeutet wurden und erst recht keine Kinder arbeiten mussten. Über 70 Millionen Kinder schuften weltweit in Fabriken, Steinbrüchen, oder auf Kaffeeplantagen – auch für unsere Produkte. Das ist moderne Sklaverei! Deswegen kämpfe ich für das Lieferkettengesetz. Damit können und wollen wir diese Verhältnisse ändern. Ob wir vom freien zum fairen Handel kommen, das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts.
'Made in Germany' steht so nicht nur für höchste Qualität, sondern auch für Menschenrechte und faire Produktion“, so Müller weiter.
„Das sehen viele Unternehmen genauso, wie Daimler, Tchibo, und fordern ein Gesetz – darunter auch viele Mittelständler und Textilunternehmen. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass am Anfang unserer Lieferketten grundlegende Menschenrechtsstandards eingehalten werden – wie das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.
Dass es geht, zeigen die Unternehmen, die beim Grünen Knopf mitmachen. Mittlerweile sind es 63 – von großen Einzelhändlern wie Lidl oder Aldi über Sportlabel wie Jack Wolfskin bis zu Start-ups. Das ist auch ein Signal an Unternehmen: Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil! Denn immer mehr Kunden wollen, dass in der Produktion grundlegende Mindeststandards eingehalten werden.“
Das entwicklungspolitische Engagement im Textilsektor
Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten am 3. März verabschiedet. Der Bundestag hat am Donnerstag, 22. April, in erster Lesung den zu diesem Zweck eingebrachten Gesetzentwurf beraten.
Im September 2019 wurde das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf eingeführt. Insgesamt 46 anspruchsvolle Sozial- und Umweltkriterien liegen dem Grünen Knopf zugrunde. Geprüft wird dabei nicht nur das einzelne Produkt, sondern auch das gesamte Unternehmen. Einzelne Vorzeigeprodukte reichen nicht aus. Verbraucherinnen und Verbraucher können so sicher sein, dass mit dem Grünen Knopf ausgezeichnete Textilien nach hohen Nachhaltigkeitsstandards hergestellt wurden.
Der Grüne Knopf ist nach einem Jahr am Markt etabliert: 63 Unternehmen sind erfolgreich geprüft, mehr als 100 weitere haben die Teilnahme beantragt.
Im Jahr 2020 wurden über 90 Millionen zertifizierte Textilien verkauft. Inzwischen ist auch das erste nicht in Deutschland ansässige Unternehmen dabei; weitere Unternehmen aus dem europäischen Ausland werden derzeit geprüft. Der Grüne Knopf gewinnt zudem zunehmend an Bedeutung in der öffentlichen und privaten Beschaffung: Hotels, Krankenhäuser und öffentliche Einrichtungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene nutzen ihn verstärkt als Referenzsiegel für die Beschaffung nachhaltig hergestellter Textilien.
In den kommenden Monaten wird der Grüne Knopf weiterentwickelt: Der „Grüne Knopf 2.0“ wird das Anspruchsniveau an Unternehmens- und Produktkriterien noch einmal erhöhen und somit noch mehr Schutz für Mensch und Umwelt bei der Produktion vor Ort bieten. Unternehmen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft werden eng in den Prozess der Weiterentwicklung eingebunden.
Zur öffentlichen Konsultation des ersten Entwurfs der Unternehmenskriterien 2.0 gingen über 2.000 Rückmeldungen ein, die in die Überarbeitung einfließen. Nach einer zweiten Konsultationsphase der Unternehmens- und Produktkriterien soll der Grüne-Knopf-Standard 2.0 im September 2021 verabschiedet werden. Erste Unternehmensprüfungen auf dieser Grundlage sind für 2022 vorgesehen.
Als direkte Reaktion auf Rana Plaza hat das Entwicklungsministerium im Jahr 2014 außerdem das Bündnis für nachhaltige Textilien gegründet. Es vereinigt aktuell 138 Mitglieder aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Standardorganisationen und der Bundesregierung. Im Bündnis arbeiten die zentralen Akteure und Stakeholder zusammen. So setzen sich die Bündnismitglieder etwa für die Verbannung giftiger Chemikalien im Rahmen der Textilproduktion ein oder engagieren sich in Indien für den Aufbau von Beschwerdekomitees in Spinnereien.
Hintergrund
Der verheerende Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch jährt sich zum achten Mal. Am 24. April 2013 forderte die Katastrophe 1.138 Todesopfer; mehr als 2.500 Menschen wurden verletzt. Bereits kurz nach dem Unglück hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards in der globalen Textilproduktion zur politischen Priorität erhoben und einen grundlegenden Wandel in der gesamten Textilwirtschaft angestoßen.
Mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien, dem staatlichen Textilsiegel Grüner Knopf und der Initiative für ein Gesetz zur Einhaltung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten hat die deutsche Entwicklungspolitik wichtige Veränderungsprozesse in Gang gesetzt, um auf freiwilliger ebenso wie auf verpflichtender Grundlage für mehr Nachhaltigkeit entlang der globalen Lieferketten zu sorgen.