Geschlechtergerechtigkeit Entwicklungsministerin Schulze stellt feministische Strategie vor
Bis 2025 sollen über 90 Prozent der neu zugesagten Projektmittel des Entwicklungsministeriums in Vorhaben fließen, die die Gleichstellung voranbringen. Ministerin Schulze unterrichtete heute das Bundeskabinett über die Strategie – gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock, die über ihre Leitlinien für eine feministische Außenpolitik informierte. Die feministische Außen- und Entwicklungspolitik ergänzen sich gegenseitig in ihrem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen.
Schulze: „Feministische Entwicklungspolitik ist für mich eine Frage von Gerechtigkeit. Frauen und Mädchen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Sie sollten auch die Hälfte der Macht haben. Aber feministische Entwicklungspolitik ist auch ein Gebot der Vernunft: Frauen sind stark, Frauen haben innovative Ideen, Frauen haben Wissen. Keine Gesellschaft kann es sich leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten, wenn sie vorankommen will. Wenn Frauen gleichberechtigt sind und gleiche Verantwortung tragen, gibt es weniger Armut, weniger Hunger und mehr Stabilität in der Welt. Es lohnt sich also, die Rechte, die Ressourcen und die Repräsentanz von Frauen und Mädchen zu stärken.“
Mit der Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik will das Entwicklungsministerium (BMZ) die Perspektive ändern. Bisher wurden Frauen und Mädchen häufig im Rahmen bestehender Strukturen unterstützt. Mit der Neuausrichtung der Entwicklungspolitik sollen ungerechte Machtstrukturen verändert werden. Dies soll entlang der „3 R“ – Rechte, Ressourcen und Repräsentanz – geschehen.
Zu den Rechten gehört zum Beispiel das Recht auf körperliche Selbstbestimmung: Jede Frau soll selbst bestimmen können, ob, wann und wie häufig sie schwanger werden und wie viele Kinder sie haben möchte. Außerdem gehört dazu das Recht auf Bildung: Alle Mädchen sollen die Möglichkeit haben, einen Schulabschluss zu machen und den Beruf ihrer Wahl erlernen dürfen. Und Frauen muss das Recht garantiert sein, vor Gericht zu klagen, wenn Arbeitsbedingungen unfair sind, wenn Standards beim Arbeitsschutz nicht eingehalten oder Löhne gezahlt werden, die nicht zum Lebensunterhalt ausreichen.
Zu den Ressourcen gehört unter anderem der Zugang zu Land: Weltweit stellen Frauen 43 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeitskraft, machen aber weniger als 15 Prozent der Landbesitzer aus, weil sie beispielsweise vom Erbrecht diskriminiert werden. Außerdem brauchen Frauen gleichberechtigten Zugang zu sozialen Sicherungssystemen wie dem Gesundheitssystem und der Altersvorsorge, sowie zum Finanzsystem und zu Krediten.
Zur Repräsentanz gehört die Beteiligung von Frauen an politischen Ämtern, in Entscheidungsgremien und in der Rechtsprechung.
Frauen sind mit 50 Prozent der Weltbevölkerung die größte benachteiligte Gruppe. Darüber hinaus werden eine Reihe von marginalisierten Gruppen diskriminiert und sind besonders von Krisen betroffen. Wenn beispielsweise der Klimawandel zu Dürre oder Überflutungen führt, sind es häufig indigene Gruppen, die als erste ihre Lebensgrundlage verlieren. Wenn Kriege oder Terroranschläge zu Flucht und Vertreibung führen, leiden LSBTIQ+ Personen und Menschen mit Behinderungen ganz besonders unter den schwierigen Bedingungen, die unterwegs und in überfüllten Massenlagern herrschen. Nicht nur Frauen, sondern auch queere Menschen werden Opfer von sexualisierter und geschlechterbasierter Gewalt. Ziel der Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik ist die Gleichberechtigung aller Menschen.
Um die „3 R“-Ziele zu erreichen, setzt die Strategie an drei Ebenen an:
Erstens: Bei der Zusammenarbeit mit den Partnerländern wird die feministische Entwicklungspolitik in den Verfahren und Instrumenten des BMZ verankert. Das BMZ hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 den Anteil seiner neuzugesagten Projektmittel für die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter auf 93 Prozent zu erhöhen – im Jahr 2021 waren es etwa 64 Prozent. Dabei soll der Anteil der Mittel mit dem Hauptziel der Gleichberechtigung auf acht Prozent verdoppelt werden. Für Maßnahmen mit dem Nebenziel der Gleichberechtigung ist eine Steigerung auf 85 Prozent geplant. Die Ziele und Programme entwickelt das BMZ gemeinsam mit den Partnerländern. Sie werden an die Gegebenheiten im jeweiligen Land angepasst, da sich diese bei der Geschlechtergleichstellung stark unterscheiden.
Zweitens: Bei der internationalen Zusammenarbeit setzt das BMZ die feministische Entwicklungspolitik auf die Agenda, beispielsweise in Foren von UNO, Weltbank oder EU.
Drittens: Im Entwicklungsministerium werden beispielsweise mindestens fünfzig Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Außerdem achtet das Ministerium auf eine paritätische Besetzung – zum Beispiel bei Paneldiskussionen.
Entstanden ist die Strategie des BMZ durch umfangreiche Diskussionen mit der deutschen und internationalen Zivilgesellschaft, internationalen Organisationen und der Wissenschaft. Dabei wurde vor allem den Stimmen aus dem Globalen Süden Raum gegeben, um mit den Partnerländern vor Ort Entwicklungspolitik gemeinsam zu gestalten.
Die Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik sowie Fragen und Antworten finden Sie unter www.bmz.de/feministische-entwicklungspolitik