G20 in Varanasi Nur mit Geschlechtergerechtigkeit kann nachhaltige Entwicklung erreicht werden
Schulze: „Nachhaltige Entwicklung lässt sich nicht erreichen ohne Geschlechtergerechtigkeit. Das ist eine Erkenntnis, die sich jetzt erstmals auch im Kreis der G20 durchgesetzt hat. Geschlechtergerechtigkeit und die Stärkung von Frauen und Mädchen sind eine Frage von Menschenrechten, aber auch ein Gebot der Vernunft. Denn sie führen zu besserer Entwicklung. Dass es gelungen ist, diese Haltung im Kreis der großen Industrie- und Schwellenländer zu verankern, ist ein wichtiges Signal des Aufbruchs für die globale Nachhaltigkeitsagenda. Das ist kurz vor dem Halbzeitgipfel der Agenda 2030 im September in New York auch dringend nötig. Es ist Indien gelungen, in einer schwierigen geopolitischen Konstellation ein gutes Ergebnis zu erzielen.“
Als wichtigstes Ergebnis seines G20-Vorsitzes möchte Indien einen ökologischen Entwicklungspakt („Green Development Pact“) auf Ebene der Staats- und Regierungschefs im September verabschieden. Dafür haben die Entwicklungsminister*innen auf dem G20-Entwicklungsministertreffen vom 11. bis 12. Juni in Varanasi die ersten beiden Elemente vorbereitet: zum einen die sogenannte LiFE-Initiative für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster wie Kreislaufwirtschaft, zero waste oder nachhaltige Wertschöpfungsketten. Und zum anderen einen Beschleunigungsplan auf dem Weg zu den globalen Nachhaltigkeitszielen, die etwa die Beendigung von Armut und Hunger vorsehen im Einklang mit Klima und Natur. Die globalen Nachhaltigkeitsziele für 2030 waren 2015 in einem historischen Konsens von den Vereinten Nationen beschlossen worden. Dieses Jahr markiert die Halbzeit auf dem Weg bis 2030 – und die Halbzeitbilanz fällt ernüchternd aus.
Die G20-Entwicklungsminister*innen haben nun drei Bereiche identifiziert, in denen man Fortschritte für die gesamte Entwicklungsagenda vorantreiben kann: Erstens, die Chancen der Digitalisierung für Entwicklung zu nutzen. Zweitens, den Übergang hin zu einer klimaverträglichen Weltwirtschaft sozial gerecht zu organisieren, also Klima- und Entwicklungspolitik zusammenzudenken und die unterschiedlichen Akteure zusammenzubringen („Just Transition“).
Der dritte Ansatz ist Geschlechtergerechtigkeit, der auch eine größere gesellschaftliche Vielfalt insgesamt umfasst: Frauen und Mädchen sollen gestärkt werden in allen Bereichen, von der Schule über die Gesundheitsversorgung, das Unternehmerinnentum, der Frage von Landrechten bis hin zu sozialen Sicherungssystemen und einer gerechteren Verteilung der Care-Arbeit.
Entwicklungsministerin Schulze hatte mit ihrer Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik unter anderem das Ziel ausgegeben, das Thema Geschlechtergerechtigkeit in allen internationalen Gremien auf die Agenda zu heben und die Kraft dieses Ansatzes zu verbreiten. Dies war im vergangenen Jahr unter deutschem Vorsitz bereits im Kreis der G7 gelungen, die sich verpflichtet haben, den Anteil ihrer öffentlichen Entwicklungsmittel für Geschlechtergerechtigkeit zu erhöhen. Im Kreis der G20 ist es nun zum ersten Mal gelungen, eine derart klare und prominente gemeinsame Haltung zu Geschlechtergerechtigkeit zu finden.
Weiteres wichtiges Thema war die Entwicklungsfinanzierung. So wird eine Reform der Weltbank ebenso unterstützt wie eine verbesserte Schuldentransparenz und ein gemeinsamer Umgang der G20 mit verschuldeten Entwicklungsländern. Dieses Thema wird sonst nur im Kreis der G20-Finanzminister behandelt. Dass es nun auch aus Entwicklungsperspektive betrachtet wird, ist ein Fortschritt. Denn die hohe Schuldenlast wird in vielen Entwicklungsländern zu einem wachsenden und gravierenden Problem, wenn Regierungen etwa bei Bildung, Gesundheit oder sozialer Sicherung kürzen müssen, um Kredite zu bedienen.
Positive Rückmeldungen gab es im Kreis der Entwicklungsminister*innen auch zu der Überlegung, die Afrikanische Union (AU) als 21. Mitglied in die Gruppe aufzunehmen. Deutschland unterstützt eine solche Mitgliedschaft, damit die 55 Mitgliedsstaaten der AU einen gleichberechtigten Platz am Tisch bekommen. Dies würde auch zu besseren und faireren Ergebnissen führen.
Die Ergebnisse werden auf https://www.g20.org/ (Externer Link) veröffentlicht. Die Dokumente können außerdem auf Twitter bei https://twitter.com/g20org (Externer Link) abgerufen werden.