Feministische Entwicklungspolitik wird konkret BMZ führt erstmals Quote für Projekte zur Geschlechtergerechtigkeit ein
Schrittweise bis 2025 sollen demnach 93 Prozent aller neuen BMZ-Projekte der Gleichstellung der Geschlechter in Entwicklungsländern dienen. Acht Prozent sollen die Geschlechtergerechtigkeit dann als Hauptziel verfolgen – eine Verdopplung gegenüber der bisherigen Praxis. Der Anteil der Projekte, die einen Beitrag zur Gleichberechtigung der Geschlechter leisten, wird zudem auf 85 Prozent erhöht – etwa 25 Prozentpunkte mehr als bisher. Diese Kategorie betrifft etwa Klimaschutzprojekte, die die Interessen der Frauen von Anfang an mitdenken.
Schulze: „Entwicklungspolitik kann nur dann erfolgreich sein, wenn Frauen Teil der Lösung sind. Starke Frauen führen zu stabileren, krisenfesteren Gesellschaften. Sie brauchen mehr Rechte, mehr Repräsentanz, mehr Ressourcen. Alle Menschen haben die gleichen Rechte, aber von einer Gleichstellung sind wir vielerorts noch weit entfernt. Deutschland tritt für eine feministische Entwicklungspolitik ein. Wir wollen damit einem zentralen Menschenrecht zum Durchbruch verhelfen. Das bedeutet auch, diskriminierende Machtstrukturen, Normen und Rollenbilder zu hinterfragen und zu überwinden.“
Welche Wege zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führen, wird auf der internationalen BMZ-Konferenz „Feminist Development Policy – Transforming International Cooperation“ heute öffentlich diskutiert. Es sollen Eckpunkte und Ziele feministischer Entwicklungspolitik debattiert werden, in einem Bereich also, den Entwicklungsministerin Schulze zu Jahresbeginn zu einem der Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erklärt hat. Die Konferenz ist Teil der Konsultation mit der internationalen Zivilgesellschaft. Die Ergebnisse sollen in eine neue Strategie für feministische Entwicklungspolitik einfließen, die das BMZ im kommenden Jahr vorlegen will.
Einen besonderen Blick richtet die Konferenz auf die Lage der Frauen im Nahen Osten und Nordafrika. Dort zeigen sich die Herausforderungen, aber auch die Chancen einer feministischen Entwicklungspolitik besonders deutlich. Vor allem in den Krisen- und Konfliktländern der Region sind Frauen besonders von Gewalt und Ausgrenzung betroffen. Zugleich zeigt sich auch, wie wichtig die Einbeziehung von Frauen in Friedensverhandlungen ist – denn so werden die Friedensabkommen häufig langlebiger.
Bundesministerin Svenja Schulze wird künftig auch die Funktion einer ehrenamtlichen Botschafterin von SheDecides übernehmen. SheDecides ist eine globale Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass Mädchen und Frauen selbstbestimmt über ihren Körper und ihre Lebensplanung entscheiden können. SheDecides unterstützt unter anderem den Zugang zu Sexualaufklärung, selbstbestimmter Familienplanung, professionell betreuten Geburten und sicherem Schwangerschaftsabbruch.
Ein Beispiel dafür, wie die Arbeit mit feministischen Ansätzen gelingen kann, ist die Ernährungssicherheit: Frauen leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit in Ländern des Globalen Südens. Trotz ihrer wichtigen Rolle sind sie häufiger von Hungerkrisen betroffen als Männer und werden strukturell benachteiligt. So dürfen sie in vielen Ländern kein Land besitzen. Das wirkt sich negativ auf ihre Ernteerträge aus. Neben dem Einsatz für Landrechte von Frauen wirken auch gezielte Fortbildungsprogramme: In Ghana etwa wurde gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium das erste Trainingsprogramm für Traktorenbetrieb und -wartung speziell für Frauen („Women in the Driver's Seat“) initiiert, um ihnen dadurch den Berufseinstieg in den überwiegend männlich dominierten und profitablen Bereich der mechanisierten Landwirtschaft zu erleichtern.