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Infektionskrankheiten Bekämpfung der Poliomyelitis (Kinderlähmung)
Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Eine von 200 Infektionen führt zu bleibenden Lähmungen, meistens in den Beinen. Etwa fünf bis zehn Prozent der Patientinnen und Patienten mit Lähmungen sterben, weil ihre Atemmuskulatur betroffen ist. Besonders gefährdet sind kleine Kinder, in Deutschland ist Polio daher auch unter dem Begriff „Kinderlähmung“ bekannt.
Bislang gibt es kein Medikament zur Behandlung von Poliomyelitis; es existieren jedoch sehr wirksame Impfstoffe. Sie können den Krankheitsausbruch verhindern und – bei weltweiter konsequenter Anwendung – die Infektionskrankheit Poliomyelitis endgültig auslöschen. Dieses Ziel hat die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis.
Deutsches Engagement
Deutschland beteiligt sich intensiv an der Polio-Bekämpfung und ist ein enger Partner und einer der drei größten staatlichen Geber der Globalen Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis (GPEI).
Bis einschließlich 2021 hat die Bundesrepublik 772 Millionen US-Dollar für die Polioausrottung bereitgestellt, unter anderem für Programme in Afghanistan, Indien, Nigeria und Pakistan.
Seit 2020 unterstützt Deutschland die GPEI jährlich mit 35 Millionen Euro. Diese Summe wurde auf der GPEI-Geberkonferenz im Oktober 2022 in Berlin auch für 2022 zugesagt. Im Regierungsentwurf des Haushalts 2023 sind 37 Millionen Euro für die GPEI vorgesehen. 2020 wurden zusätzlich im Kontext der Pandemiebekämpfung je fünf Millionen Euro bilaterale (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Polio-Finanzhilfe an Nigeria und Pakistan ausgezahlt.
Die Bundesregierung gestaltet die strategische Ausrichtung der GPEI aktiv mit. Ein besonderes Anliegen ist dabei, dass die von der GPEI finanzierten Gesundheitsstrukturen auch die nationalen Gesundheitssysteme stärken. Dadurch kann die Polioausrottung nachhaltig abgesichert werden.
Außerdem unterstützt Deutschland die Impfallianz Gavi (Externer Link) im Zeitraum 2021 bis 2025 mit 600 Millionen Euro. Gavi kooperiert eng mit der GPEI und leistet einen wichtigen Beitrag zur Polio-Ausrottung, indem Partnerländer dabei unterstützt werden, bei ihren Routine-Impfungen auch inaktivierten Poliomyelitis-Impfstoff (siehe auch Schluckimpfung mit Chancen und Risiken) zu verabreichen.
Hintergrund Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis
Im Jahr 1988 wurde die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis (Global Polio Eradication Initiative, GPEI) gegründet. Sie setzt sich aus nationalen Regierungen und den sechs GPEI-Kernpartnern zusammen: Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, Centers for Disease Control and Prevention (CDC, eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums), UNICEF, Bill & Melinda Gates Stiftung und Impfallianz Gavi.
Die GPEI ist eine der ältesten öffentlich-privaten Partnerschaften im Gesundheitsbereich. Im Mittelpunkt ihrer aktuellen Strategie (2022 bis 2026) steht die jährliche Impfung von 370 Millionen Kindern. Darüber hinaus bietet die GPEI im Rahmen von Polioimpfkampagnen andere Impfungen und Gesundheitsdienste für unterversorgte Gemeinden an und leistet einen Beitrag zur Stärkung der Gesundheitssysteme der Partnerländer, um sie auf neu auftretende Gesundheitsbedrohungen vorzubereiten.
Seit der Gründung der GPEI konnten sehr große Fortschritte erzielt werden: Mehr als 2,5 Milliarden Kinder wurden durch eine Impfung vor Polio geschützt und die Zahl der Krankheitsfälle ist um 99 Prozent gesunken.
Heute treten nur noch in zwei Ländern Poliofälle gehäuft auf, in Afghanistan und Pakistan (polio-endemische Länder). Darüber hinaus unterstützt die GPEI sogenannte Ausbruchsländer. Sie haben Polio zwar bereits ausgerottet, sind aber noch durch Neuinfektionen durch Einschleppung von Viren oder durch sogenannte Impfstoff-abgeleitete Polioviren bedroht. Darüber hinaus gelten weitere acht Staaten als Risikoländer für eine Rückkehr der Krankheit, weil dort noch keine ausreichende Grundimmunität der Bevölkerung erreicht wurde und das gesundheitliche Überwachungssystem nicht ausreicht. So kommt es immer wieder zu einzelnen Polio-Fällen in Ländern, die eigentlich schon als poliofrei gelten. Das macht deutlich, wie wichtig das Ziel einer endgültigen Ausrottung aller Polioviren ist.
Hintergrund Schluckimpfung mit Chancen und Risiken
Die Immunisierung erfolgt in den betroffenen Staaten in der Regel in Form einer kostengünstigen und einfach zu verabreichenden Schluckimpfung. Dabei wird ein Lebendimpfstoff eingesetzt, das heißt, er enthält lebende, aber abgeschwächte Polio-Viren, die noch vermehrungsfähig sind und mit dem Stuhl der geimpften Person ausgeschieden werden. Kontaktpersonen können sich daran infizieren und wiederum selbst Antikörper gegen das Virus bilden. Da es sich um abgeschwächte Impfviren handelt, entwickeln diese Personen meist keine Krankheitssymptome. Polio-Impfviren können somit für eine wachsende Immunität in der Bevölkerung sorgen.
In Regionen, in denen nur wenige Menschen gegen Poliomyelitis geimpft sind, können die Impfviren jedoch über einen längeren Zeitraum zirkulieren. Dabei besteht die Gefahr, dass sie sich genetisch verändern und dann doch wieder in der Lage sind, eine Polio-Erkrankung hervorzurufen. Man spricht dann von „Impfstoff-abgeleiteten Viren“. Solche Polio-Fälle wurden 2021 zum Beispiel in Nigeria, Jemen und Tadschikistan registriert.
Deutschland gilt als poliofrei und daher kann seit 1998 auf die besonders wirksame Schluckimpfung mit Lebendimpfstoff verzichtet werden. Der heute eingesetzte Impfstoff beruht auf inaktivierten („toten“) Polio-Viren, wird mit einer Spritze verabreicht und verhindert das mit der Schluckimpfung verbundene Risiko, dass Impfstoff-abgeleitete Viren auftreten können.
Stand: 18.10.2022