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openIMIS Gesundheitsversorgung für alle – eine Software schafft die technische Grundlage
Die Modelle dafür unterscheiden sich von Land zu Land – einige setzen auf steuerfinanzierte Systeme, andere auf Sozialversicherungen, gemeindebasierte Krankenversicherungen, Mikroversicherungen oder auch auf gesundheitsbezogene Sozialtransfers. Vor einer Herausforderung stehen jedoch alle diese Länder: Wenn ein System effizient und in großem Maßstab funktionieren soll, müssen die komplizierten Datenverarbeitungsprozesse (Management von Kundendaten und Verträgen, Antragsbearbeitung, Zahlungsabwicklung …) digitalisiert ablaufen.
Die Regierungen stehen damit vor der Frage, ob sie eine maßgeschneiderte Software entwickeln lassen, die jedoch ständig – und oft mit großem Kostenaufwand – gepflegt, angepasst und aktualisiert werden muss. Oder ob sie eine kommerzielle Lizenz für ein bestehendes Programm erwerben. Für dieses werden zwar regelmäßig und automatisch Updates geliefert, aber es ist eben nicht auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten. Auch besteht die Gefahr, dass es mit anderen, bereits vorhandenen Systemen nicht kompatibel ist oder sich nicht auf andere Anwendungsbereiche übertragen lässt.
Flexibel, effizient, transparent, kostengünstig
An diesem Punkt setzt die openIMIS-Initiative an, die vom BMZ und der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gemeinsam finanziert wird. openIMIS ist eine Open-Source-Software für das Management von Systemen zur sozialen Absicherung im Krankheitsfall. Das heißt, dass ihr Quelltext öffentlich verfügbar ist und gemeinschaftlich genutzt und weiterentwickelt wird.
openIMIS ermöglicht es, die Daten von Patienten, Dienstleistern und Beitragszahlern zu verbinden. So können Patienten identifiziert werden, und die digital erstellten und automatisch verschickten Rechnungen von Krankenhäusern schneller überprüft und bezahlt werden. Dies sichert den verlässlichen Finanzfluss in der medizinischen Versorgung. Die Software bietet Online- und Offline-Funktionen sowie Anwendungen für Mobiltelefone und kann somit auch in ländlichen Regionen eingesetzt werden.
Der Open-Source-Ansatz erlaubt es, dass eine breite internationale Entwicklergemeinde gemeinsam an dem Produkt arbeitet. Die Software kann an die speziellen Bedürfnisse einzelner Länder angepasst werden, gleichzeitig können Anwender von Verbesserungen in anderen Ländern profitieren.
Schweizer Projekt weiterentwickelt
Grundlage von openIMIS ist ein Informationsverwaltungssystem für Versicherungen, das vom Swiss Tropical and Public Health Institute entwickelt und 2012 erfolgreich in Tansania eingesetzt wurde. Später stellte es die Schweiz als Lizenzinhaber auch Kamerun und Nepal zur Verfügung.
Aufgrund der großen Nachfrage von Entwicklungs- und Schwellenländern nach verlässlichen und kostengünstigen digitalen Lösungen für ihre Sozialversicherungssysteme haben das BMZ und die DEZA ihre Kräfte gebündelt und das System zu openIMIS weiterentwickelt. 2017 hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Koordination der openIMIS-Initiative übernommen. Die Initiative unterstützt interessierte Länder bei der Einführung der Software.
Ausweitung auf andere Versicherungen möglich
Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist der digitale Lösungsansatz ein wichtiger Baustein in mehreren Arbeitsschwerpunkten (unter anderem Gesundheit, soziale Sicherung, gute Regierungsführung/Dezentralisierung). Er verwirklicht Kernaspekte des Positionspapiers Digitalisierung für Entwicklung des BMZ. Zurzeit liegt der Schwerpunkt von openIMIS noch im Gesundheitsbereich. Die Software besitzt jedoch das Potenzial, auf andere soziale Absicherungsbereiche ausgeweitet zu werden, in denen große Datenmengen verwaltet werden müssen.
Beispiel Nepal Digitale soziale Absicherung im Krankheitsfall
Um Open-Source-Lösungen für soziale Sicherungssysteme erfolgreich zu implementieren, ist nicht nur Fachexpertise für die technische Anpassung nötig. Eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren ermöglicht die bedarfsgerechte Ausrichtung der Software. Gleichzeitig können Erfahrungen in der Auswahl notwendiger Daten zur Erfassung in nationalen Kontexten zur besseren Prozesssteuerung aufbereitet werden.
Neben der Anwendung von openIMIS für die nationale Krankenversicherung unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in Nepal – mit Kofinanzierung des Globalen Fonds und der koreanischen Entwicklungsagentur KOICA – beispielsweise ein System, in dem digitale Patientenakten angelegt werden. Dabei greifen die Entwickler auf die Open-Source-Krankenhausmanagement-Plattform Bahmni zurück.
Zurzeit arbeitet ein lokales Entwicklerteam an der Schnittstelle zwischen Bahmni und openIMIS, so dass die Daten aus der elektronischen Patientenakte automatisch mit der Erfassung der erbrachten Leistungen in openIMIS übertragen werden.