Straßenszene in Sokoto, Nigeria

Soziale Situation Armut und Korruption allgegenwärtig

Trotz hoher Einnahmen aus der Rohstoffindustrie und erster wirtschaftspolitischer Reformen ist es der Regierung Nigerias bislang nicht gelungen, spürbare Verbesserungen für die Menschen im Land zu erreichen.

Der Ölreichtum kommt bislang nur einer kleinen Elite zugute, Günstlingswirtschaft und Korruption gehören zum Alltag. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2023 (Externer Link) von Transparency International liegt Nigeria auf dem 145. Platz von 180 bewerteten Staaten.

Rund 40 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Betrachtet man neben dem Einkommen auch andere Dimensionen von Armut (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), etwa in Bezug auf Gesundheit, Bildung, Arbeit und Lebensstandard, gelten mehr als 60 Prozent der Bevölkerung als arm. Die Lebensbedingungen im jahrzehntelang vernachlässigten Norden sind dabei deutlich schlechter als im Süden. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Nigeria ist eine der niedrigsten der Welt, sie beträgt nur 53 Jahre.

Diverse staatliche Unterstützungsprogramme, zusätzliche Finanztransfers in besonders benachteiligte Regionen sowie das entstehende soziale Sicherungssystem sollen die Ungleichheiten verringern. Bislang ist die Wirksamkeit dieser Maßnahmen jedoch begrenzt.

Die Ernährungs- und Gesundheitssituation vieler Menschen ist von Geburt an dramatisch schlecht: Nach Angaben der Weltbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) sterben von 1.000 Neugeborenen 111 vor ihrem fünften Geburtstag. Nur knapp 30 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser, die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner verfügt nicht einmal über eine Basissanitärversorgung. Etwa 70 Prozent der Menschen sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Nur 60 Prozent der Bevölkerung sind an das öffentliche Stromnetz angeschlossen, im ländlichen Bereich sind es nur 26 Prozent. Die Analphabetenquote liegt bei fast 40 Prozent.


Bevölkerung wächst rapide

Die nigerianische Bevölkerung wächst derzeit jährlich um 2,4 Prozent. Die Vereinten Nationen gehen von einer Verdopplung der Einwohnerzahl des Landes auf über 400 Millionen Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts aus. 2022 waren 43 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre alt.

Angesichts dieser Bevölkerungszunahme reichte das wirtschaftliche Wachstum der vergangenen Jahre bei Weitem nicht aus, um dauerhafte Entwicklungsfortschritte zu erzielen. Für die stetig wachsende junge Generation gibt es kaum Aussichten auf geregelte Arbeitsverhältnisse, Wohnungen oder eine soziale Grundversorgung. Nach Angaben des Nationalen Statistikbüros sind mehr als 90 Prozent der nigerianischen Beschäftigten im informellen Sektor (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) tätig. Jedes Jahr betreten etwa 3,5 Millionen junge Menschen den Arbeitsmarkt. Auf der Suche nach besseren Einkommensmöglichkeiten entscheiden sich viele dafür, ihr Land zu verlassen.

Die Perspektivlosigkeit birgt zudem extrem hohes Konfliktpotenzial. Laut Afrobarometer 2022 (Externer Link) haben 70 bis 80 Prozent der Nigerianerinnen und Nigerianer wenig bis gar kein Vertrauen in staatliche Einrichtungen, da diese als ineffektiv und korrupt wahrgenommen werden. Die verbreitete Unzufriedenheit mit dem Handeln der politischen und wirtschaftlichen Eliten motiviert vor allem junge Menschen dazu, sich radikalen oder kriminellen Gruppen anzuschließen, um am Wohlstand des Landes teilzuhaben.

Stand: 02.02.2024