Stadtansicht von Bagdad

Politische Situation Reformpolitik unter schwierigen Bedingungen

Die seit Oktober 2022 amtierende Regierung unter Premierminister Mohammed Shia Sudani verfolgt eine entwicklungsorientierte Politik und will überfällige Reformen angehen. Interessenskonflikte zwischen den verschiedenen politischen und ethnisch-religiösen Lagern, Korruption und ineffiziente Verwaltungsstrukturen erschweren jedoch bislang eine wirksame Umsetzung des Regierungsprogramms.

Nach Angaben des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) wird sich die Bevölkerung Iraks in den kommenden 30 Jahren voraussichtlich auf rund 90 Millionen Menschen verdoppeln. Das stellt das Land vor enorme Herausforderungen. Premierminister Sudani hat ein umfangreiches Regierungsprogramm vorgelegt, das vor allem eine Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation und die Bekämpfung von Korruption und Inflation vorsieht. Im Vordergrund stehen die Stärkung der Privatwirtschaft, die Schaffung von Jobs und Ausbildungsmöglichkeiten und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für internationale Investitionen.

Das Verhältnis zwischen der Zentralregierung und der Autonomen Region Kurdistan-Irak ist von Unstimmigkeiten geprägt. Dabei geht es unter anderem um Gebietsansprüche und um die Verteilung von Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung.

Außenpolitisch strebt der Irak gute und ausgleichende Beziehungen zu allen Nachbarstaaten an. Angesichts der aktuellen Verschärfung des Nahostkonflikts ist dies eine zunehmende Herausforderung.


Regierungsführung und Menschenrechte

Laut Verfassung ist Irak ein föderaler Staat mit parlamentarischer Demokratie. Im vergangenen Jahr fanden erstmalig nach zehn Jahren wieder Provinzratswahlen statt, welche friedlich verliefen. Posten in Politik und Verwaltung werden nach ethnischen und konfessionellen Kriterien vergeben – das fördert Klientelpolitik und Korruption. Im Korruptionswahrnehmungsindex (Externer Link) von Transparency International stand Irak 2023 auf Rang 154 von 180 ausgewerteten Ländern.

Die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit der Justiz ist nur eingeschränkt gewährleistet. Regierung, Parteien, religiöse Zirkel und Milizen üben Einfluss auf die Rechtsprechung aus. Bei der Polizei und in den staatlichen Gefängnissen kommt es regelmäßig zu Misshandlungen und Folter.

Die Menschenrechtslage ist weiterhin problematisch. Frauen werden in Irak politisch, rechtlich und sozial benachteiligt. Unter anderem fehlen Gesetze, die Frauen vor häuslicher Gewalt, Zwangsverheiratung und „Ehrenmorden“ schützen. Auch bei den Kinderrechten sind nur wenige Fortschritte zu verzeichnen. Kinderarbeit, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderhandel sind weit verbreitet.

Religiöse und gesellschaftliche Minderheiten sehen sich ebenfalls Diskriminierungen ausgesetzt. Im April 2024 beschloss das irakische Parlament eine Verschärfung des sogenannten Anti-Prostitutionsgesetzes und stellte damit homosexuelle Beziehungen unter Strafe. Es drohen künftig bis zu 15 Jahre Haft.

Kritische Stimmen im Journalismus, in sozialen Medien und der Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) müssen mit Einschüchterung und Bedrohung rechnen. Journalistinnen und Journalisten werden häufig angegriffen oder verhaftet, Morde an Medienschaffenden bleiben häufig ungestraft. Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2024 (Externer Link) der Nichtregierungsorganisation (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Reporter ohne Grenzen steht Irak auf dem 169. von 180 Plätzen.

Sicherheitslage

Der Frieden im Land ist noch nicht gefestigt. Obwohl der „Islamische Staat“ (IS) in der Fläche als besiegt gilt, geht der Kampf gegen einzelne Gruppierungen weiter. Eine Herausforderung stellen zudem bewaffnete Milizen dar, die zwar offiziell in die irakischen Streitkräfte eingegliedert wurden, sich der staatlichen Kontrolle aber weitgehend entziehen und einzelne Landesteile kontrollieren.

Als Reaktion auf den Vormarsch des IS im Sommer 2014 hatte sich eine breite Staatenallianz zur Bekämpfung der Terrororganisation gebildet, die Anti-IS-Koalition. Dieser Allianz gehören neben den USA zahlreiche europäische und arabische Staaten an, darunter auch Deutschland. Ihre Strategie umfasst politische, militärische, humanitäre und rechtsstaatliche Aspekte. Im Rahmen der Koalition und der NATO unterstützt Deutschland weiterhin über die Bundeswehr die irakischen Sicherheitskräfte.

Stand: 07.08.2024