6. Juni 2024 Rede von Bundesministerin Svenja Schulze zur Verleihung des Fairtrade Awards

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Gäste,

ich bin Fußballfan und finde Borussia Dortmund klasse.

Ich weiß, dass ich mich damit hier in Berlin möglicherweise unbeliebt mache. Vielleicht gibt es aber auch einige Gleichgesinnte?

Auf jeden Fall freue ich mich darauf, dass nächste Woche die Fußball-Europameisterschaft der Männer beginnen wird.

Warum erzähle ich Ihnen das?

Weil es ab nächster Woche wieder oft um Fairness gehen wird. Wir nutzen das Wort „Fair“ im Fußball häufig. Wenn es darum geht, entsprechend der geltenden Spielregeln miteinander im Wettkampf zu stehen. Aber auch, wenn es darum geht, wie wertschätzend und respektvoll die Spielerinnen und Spieler miteinander umgehen. Fair Play ist hier der Grundsatz.

Deshalb sind auch wir hier heute zusammengekommen. Weil wir – Sie genauso wie ich und mein Ministerium – uns dafür einsetzen, dass Fair Play auch in der Weltwirtschaft gilt.

Dafür, dass die Menschen am Anfang der Lieferkette unter guten Bedingungen arbeiten können. Auf den Kakaoplantagen in Ecuador, in den Kobaltminen im Kongo oder in den Textilfabriken in Pakistan.

Dass Partnerschaftlichkeit und Respekt an oberster Stelle stehen.

Was aber wenn die Spielregeln an sich schon unfair sind? Wenn sie die einen bevorzugen, und die anderen benachteiligen?

Ihnen und mir geht es dabei auch darum, strukturell etwas zu verändern. Die Weltwirtschaft zu verändern. Hin zu einer gerechten, eben einer fairen Globalisierung.

Die Spielregeln zu verändern. Es geht um echtes Fair Play.

Auf der Weltbühne genauso wie auf dem Fußballrasen.

Die Globalisierung muss allen Menschen weltweit zugutekommen.

Und um die Globalisierung wirklich gerecht zu gestalten, braucht es vor allem ein gerechtes Handelssystem. Das ist das Schlüsselelement.

Ein Handelssystem, das nicht auf Kosten der Umwelt und des Klimas wirtschaftet. Mit gerechten Regeln.

Ein Handelssystem, das sozial gerecht ist – und eben nicht zum Nachteil der Menschen in einem Teil der Erde, und zum Vorteil der Menschen im anderen Teil wirtschaftet.

Ein Handelssystem, das Frauen nicht diskriminiert. Denn wenn sie gleichberechtigt teilhaben, können sie sich und viele andere von Armut und Hunger befreien.

Ein Handelssystem, das partnerschaftlich ist. Das gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern im Globalen Süden ausgestaltet wird.

Unser gemeinsames Ziel ist es, den Handel fair zu gestalten. Und damit eine nachhaltigere und gerechtere Welt zu schaffen.

Gemeinsam können wir als Weltgemeinschaft ein System schaffen, von dem alle profitieren.

Es ist ganz klar: Der Faire Handel ist hierfür zentral. Darum unterstützen wir ihn als Entwicklungsministerium und arbeiten eng zusammen.

Lassen Sie mich ein Beispiel dafür nennen:

Die Fairer-Handel-Bewegung und das Entwicklungsministerium unterstützen Tee- und Kaffeeproduzierende in Ruanda. Wir bieten Schulungen an und bereiten Unternehmen auf die Zertifizierung für EU-Bio- und Fair-Trade-Siegel vor. Dies hat vielen ruandischen Unternehmerinnen und Unternehmern ermöglicht, Produkte auch nach Europa zu exportieren.

So konnte beispielsweise Tom Bagaza vom Unternehmen Coffee Villages in seiner Gemeinde im Nordosten Ruandas Kaffeebäuerinnen faire Preise anbieten. Und er konnte Frauen dabei unterstützen, kleine Unternehmen durch zinsfreie Mikrokredite zu gründen.

Erfolge wie diese zeigen, was der Faire Handel kann. Ich halte es gerade in dieser Zeit der multiplen Krisen und globalen Herausforderungen für notwendiger denn je: Wir brauchen die globale Solidarität, ein globales „Fair Play“.

Der Faire Handel ist dabei schon lange Vorreiter.

Schon lange vor dem europäischen Lieferkettengesetz hat der Faire Handel Verantwortung und Fairness in Lieferketten ernstgenommen.

Schon lange vor dem Europäischen Green Deal hat der Faire Handel ökologische Nachhaltigkeit aufgenommen und umgesetzt.

Und schon lange hat der Faire Handel lokale Wertschöpfung und gute Jobs zu fairen Löhnen in Produktionsländern gefördert.

Und mein Ministerium steht Ihnen dabei zur Seite.

Indem wir uns für die Umsetzung von internationalen Abkommen zu ökologisch nachhaltigen Lieferketten einsetzen.

Indem wir uns für die Umsetzung von Arbeitsstandards sowie des deutschen und europäischen Lieferkettengesetzes einsetzen.

Indem wir zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Handel beitragen.

Unsere Arbeit zeigt Wirkung. Ganz konkret.

Zum Beispiel für Zayneb Abdel Kefi aus Tunesien, eine Unternehmerin und Mutter von drei Kindern. Sie stellt Handtaschen her und beschäftigt fünf Mitarbeitende.

Das Entwicklungsministerium unterstützt solche Kleinunternehmerinnen darin, sich zusammenzuschließen, neue Märkte zu erschließen, und mehr Geld zu verdienen. Und den Herausforderungen zu begegnen, die es mit sich bringt, wenn man als Frau ein Unternehmen leitet.

Sie selbst sagt, dass sie sich permanent gegenüber männlichen Zulieferern, Investoren und Bankern behaupten muss.

„Ich muss doppelt so hart arbeiten wie ein Mann und oft mein Familienleben zurückstellen.“ Das sind ihre Worte.

In den Zusammenschlüssen der Kleinunternehmerinnen bieten sich für Frauen neue Geschäftschancen. Zayneb selbst sagt, dass sie begeistert ist von „der Frauen-Power, die sie umgibt“.

Meine Damen und Herren, es braucht ein Handelssystem, das Unternehmerinnen wie Zayneb Abdel Kefi unterstützt.

Ein Handelssystem, das es ermöglicht, ökologisch zu produzieren, faire Löhne zu zahlen und für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Ein Handelssystem, das es Unternehmerinnen ermöglicht, ihr Potenzial zu entfalten.

Und ein Handelssystem, das partnerschaftlich ist, so wie hier in der Partnerschaft zwischen Deutschland und Tunesien.

Heute ehren wir die Finalistinnen und Finalisten der Fairtrade Awards und insbesondere die Preisträgerinnen und Preisträger.

Auch dieses Jahr ist die Teilnehmendenliste vielfältig und spiegelt die Vielfalt der Fairen Handelsbewegung wider. Darin finden sich Vereine und Schulen, Eine-Welt-Läden, mittelständische und große Unternehmen.

Vielen Dank Ihnen allen. Es braucht Menschen wie Sie, die sich für den Fairen Handel und damit eine nachhaltige und gerechte Globalisierung einsetzen. Es ist Ihr Engagement, das Alternativen entwickelt und zeigt, dass Globalisierung menschenwürdig sein kann.

Ich wünsche Ihnen und uns allen einen schönen Abend und gratuliere allen Finalistinnen und Finalisten!