12. Juni 2024 Rede der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, in der Aktuellen Stunde zu den Ergebnissen der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz vor dem Deutschen Bundestag in Berlin

Standbild aus dem Video der Bundestagsrede von Bundesministerin Svenja Schulze am 12. Juni 2024 in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!
Eine druckbare Version der Rede (PDF 63 KB, barrierefrei) finden Sie hier (Externer Link).

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Wir werden nicht aufgeben“, das waren die klaren Worte von Julija Swyrydenko, der ukrainischen Wirtschaftsministerin, auf der Ukraine Recovery Conference gestern. Sie hat sehr eindrücklich geschildert, wie jede Bombe, die Menschen tötet und Gebäude zerstört, den Ukrainerinnen und Ukrainern trotzdem nicht die Hoffnung nimmt. Und sie glauben alle ganz fest an eine bessere Zukunft für ihr Land.

Julija Swyrydenko und die vielen anderen machen deutlich: Die Ukraine braucht neben Waffen auch eine starke Gesellschaft und Wirtschaft, um diesen Krieg zu bestehen und um das Land wiederaufzubauen. Die Ukraine hat da gar keine Wahl. Sie kann nicht warten, bis der Krieg endet. Die Wiederaufbaukonferenz hat jetzt Mut gemacht. Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine und mit ihr die internationale Gemeinschaft.

Vertreterinnen und Vertreter von Staaten, von Unternehmen, von Kommunen und der Zivilgesellschaft sind der Einladung von Präsident Selenskyj und Bundeskanzler Scholz nach Berlin gefolgt. Und sie haben zwei Tage lang miteinander gearbeitet und den Wiederaufbau vorangebracht.

Im Fokus standen vor allen Dingen vier thematische Dimensionen: die wirtschaftliche Dimension, die menschliche Dimension, die lokale und regionale Dimension und die EU-Dimension. Um in diesen vier Dimensionen die Ukraine zu stärken, hat das Entwicklungsministerium gemeinsam mit unseren ukrainischen Partnerinnen und Partnern vier Allianzen ins Leben gerufen. Zwei davon möchte ich Ihnen heute gerne vorstellen:

Das Erste ist die Fachkräfte-Allianz für die Ukraine. Deutschland unterstützt die Ukraine dabei, Fachkräfte für den Wiederaufbau auszubilden – zum Beispiel Elektrikerinnen und Ingenieure, Ärztinnen und Psychologen. Dafür sind Ausbildungen, sind Umschulungen nötig. In der Fachkräfte-Allianz arbeiten wir gemeinsam mit der Ukraine, mit internationalen Partnern, mit der Wirtschaft daran, Ukrainerinnen und Ukrainer im Inland und im Ausland zu qualifizieren.

Dadurch bekommen zum Beispiel ukrainische Jugendliche gute berufliche Zukunftsperspektiven, und Binnenvertriebenen wird die Rückkehr in ihre Heimatorte und die Wiedereingliederung erleichtert. Wir konzentrieren uns dabei verstärkt auf die Frauen. Sie sind im Moment diejenigen, die den Alltag mit ihren Familien in den Betrieben, in den Krankenhäusern am Laufen halten, weil so viele Männer gezwungen sind, an der Front zu kämpfen.

Deutschland unterstützt aber nicht nur einzelne Menschen in der Ukraine, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Wir haben gestern eine KMU-Allianz ins Leben gerufen. Damit wollen wir die Privatwirtschaft für den Wiederaufbau mobilisieren, so wie wir es als Bundesregierung am 10. April beschlossen haben.

Die KMUs sind in der Ukraine wie auch hier in Deutschland das Rückgrat der Wirtschaft. Sie schaffen Arbeitsplätze. Sie produzieren, was gebraucht wird. Und sie zahlen die Steuern. Dafür müssen sie aber auch investieren können und ihre Geschäftsmodelle an die Bedingungen des Krieges anpassen. Die KMU-Allianz erleichtert es ihnen jetzt, an Finanzierungen heranzukommen. Das passende Instrument dafür ist der Business Development Fund, der nach dem Vorbild unserer Kreditanstalt für Wiederaufbau, also unserer KfW, entstanden ist. Seit Februar 2022 konnten so bereits rund 40.000 kleinere und mittlere Unternehmen auf dem Markt bestehen und Arbeitsplätze sichern.

In diesen Minuten jetzt übergibt Deutschland den Staffelstab an Italien. Italien wird die eingangs genannten vier Berliner Dimensionen, also die wirtschaftliche, die menschliche, die lokale und die europäische Dimension, für die nächste Ukraine Recovery Conference übernehmen. Bis dahin bleibt noch viel zu tun; das haben die letzten beiden Tage gezeigt. Aber ich bin optimistisch, weil ich so viele Menschen aus der Ukraine getroffen habe, weil ich so viele Menschen in der Ukraine getroffen habe, die nicht aufgeben, die beim Wiederaufbau jeden Tag mit anpacken.

Seit 838 Tagen verteidigt die Ukraine nun schon ihre Freiheit. Für ihren Mut, für ihren Durchhaltewillen verdienen die Ukrainerinnen und Ukrainer unser aller Respekt und auch unser aller Dank. Denn sie verteidigen nicht nur ihre Freiheit, sondern auch unsere Freiheit hier in Europa.

Herzlichen Dank.