1. Juni 2023 Rede von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze auf dem High-Level Forum on Mineral Supply Chains
Es gilt das gesprochene Wort!
Die Originalrede in englischer Sprache finden Sie hier.
Sehr geehrter Herr Exekutivsekretär Caholo,
sehr geehrte Teilnehmende,
meine Damen und Herren,
Deutschland und die Europäische Union haben sich einer umfassenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Transformation verschrieben, um die Ziele der Agenda 2030 und die Pariser Klimaziele zu erreichen. So hat sich die EU mit dem Green Deal das Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität und eine schadstofffreie Umwelt zu erreichen. Um diese Ziele zu erreichen, braucht es eine schnelle und eine kluge Energie- und Verkehrswende. Da sind wir in Deutschland dran: Im Jahr 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Bis 2030 sollen 15 Millionen vollelektrische Autos in Deutschland zugelassen sein. Darauf hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Das sind große Ziele, aber sie sind wichtig und richtig für den Klimaschutz.
Klar ist gleichzeitig, dass wir für diese Umstellung dringend mineralische Rohstoffe brauchen. Ohne Rohstoffe wie Kupfer, Kobalt, Graphit, Nickel oder Lithium wird Deutschland diese Wende nicht schaffen, sie sind in jedem Elektronikprodukt verbaut. Sie stecken in den Elektroautos auf den Parkplätzen, in den Windrädern der Offshore-Parks und auch in der Technik hier im Saal. Der Rohstoffbedarf wird in den nächsten Jahren noch weiter steigen: Bis 2040 wird sich der Bedarf an Graphit verdoppeln, der Bedarf an Kobalt vervierfachen und der Bedarf an Lithium versechsfachen. Deutschland ist mehr denn je auf eine stabile Versorgung mit mineralischen Rohstoffen angewiesen.
Dafür braucht es zwei Dinge:
Zum einen braucht es einen verantwortungsvolleren Umgang mit den bereits verarbeiteten Rohstoffen. Das heißt im Klartext, Elektrogeräte zu recyceln. Sie wiederzuverwerten und nicht wegzuwerfen. Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Zum anderen braucht es eine kluge Strategie, wie Primärrohstoffe in Zukunft gefördert und weiterverarbeitet werden. Der steigende Rohstoffbedarf birgt auf der einen Seite ein großes Potenzial für die Produktionsländer, denn der Rohstoffsektor schafft Arbeitsplätze, er schafft Einkommen und er schafft Steuereinnahmen. Auf der anderen Seite arbeiten die Menschen, die diese Rohstoffe abbauen müssen, unter schwierigen Voraussetzungen. Illegale Abholzung, Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Umweltschädigung sind die Schlagworte, die häufig mit dem Rohstoffabbau in Verbindung gebracht werden. Deshalb möchte das Entwicklungsministerium sicherstellen, dass die Menschen die Rohstoffe unter guten Bedingungen abbauen. Dass sie dabei nicht ausgebeutet werden.
Wie macht mein Ministerium das? Zum Beispiel, indem wir unsere Partnerländer dabei unterstützen, Nachhaltigkeitsstandards im Bergbau einzuführen, so zum Beispiel in den Andenländern. Oder indem wir durch unsere Politik die verantwortungsvolle staatliche Steuerung des Rohstoffsektors in den Produktionsländern stärken, wie in Mauretanien. Oder indem wir Unternehmen dabei unterstützen, das Lieferkettengesetz, das es seit diesem Jahr gibt, umzusetzen, zum Beispiel über den Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte.
Gemeinsam mit der Demokratischen Republik Kongo arbeitet das BMZ zum Beispiel daran, eine transparente und effiziente Verwaltung und Gesetzgebung für einen verantwortungsvollen Rohstoffsektor zu schaffen. Damit die Arbeiterinnen und Arbeiter genauso davon profitieren wie die Bergbauunternehmen. Dazu gehört auch, dass die Menschen im Kleinbergbau nicht mehr informell angestellt sind, sondern formale Arbeitsverträge bekommen. Und ein Einkommen erhalten, von dem sie und ihre Familien tatsächlich leben können.
Ich möchte Ihnen noch ein Beispiel nennen: Das Entwicklungsministerium arbeitet mit der Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen zusammen. Wir haben gemeinsam ein regionales Zertifizierungssystem eingeführt. Damit sollen Bergbauunternehmen sicherstellen und nachweisen können, dass ihre Rohstoffe konfliktfrei abgebaut und weiterverarbeitet werden. Das schützt nicht nur Arbeiterinnen und Arbeiter in den Minen, das macht die Region insgesamt sicherer und stabiler. Und es zeigt die Stärke von fairen Lieferketten, weil alle Beteiligten davon profitieren.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, wie einzelne Akteure wirtschaftliche Abhängigkeit als politisches Druckmittel einsetzen. Deshalb geht es mir auch darum, Partnerschaften mit den Produktionsländern auf- und weiter auszubauen und Rohstofflieferketten zu diversifizieren. Damit Deutschland und die EU unabhängiger von Einzelnen in ihrer Rohstoffversorgung werden. Ich setze hier auf starke Allianzen mit Ländern im Globalen Süden. Dabei ist es wichtig, dass die beteiligten Akteure gleichberechtigt und vertrauensvoll zusammenarbeiten und ihre Interessen klar benennen können. Deshalb setzt sich mein Ministerium auf multilateraler Ebene dafür ein, dass auch die Anliegen unserer Partnerländer entsprechend berücksichtigt werden. So zum Beispiel bei der Ausgestaltung des Critical Raw Material Act der EU-Kommission. Dabei ist mir die lokale Wertschöpfung in den Partnerländern besonders wichtig.
Ich begrüße deshalb die vielen Vertreterinnen und Vertreter aus unseren Partnerländern und viele unserer Partnerorganisationen, die heute hier vertreten sind. Das BMZ arbeitet schon seit vielen Jahren eng mit Ihnen zusammen. Und dies wollen wir fortführen und intensivieren.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Konferenz mit interessanten Diskussionen.