Kommentar zu den Wahlen in Afghanistan
von Martin Jäger, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
erschienen im Juli 2018 in der Zeitschrift Kompass (Externer Link) (PDF 4 MB)
Im Oktober wird das afghanische Parlament neu gewählt – mit drei Jahren Verzögerung. Nur wenige Monate später, im kommenden Frühling werden die rund 14 Millionen wahlberechtigten Afghaninnen und Afghanen gleich ein zweites Mal zu den Wahlurnen gerufen, dann steht die Wahl des Präsidenten an.
Vom Verlauf der Wahlen hängt vieles ab: Sind sie erfolgreich, stärken sie den afghanischen Staat und seine noch fragilen demokratischen Strukturen. Die Wahlen werden damit auch zu einem Gradmesser für Stabilität und Sicherheit im Land. Die Taliban stellen sich gegen die demokratische Abstimmung und boykottieren sie. Dem dürfen wir nicht nachgeben.
Die Sehnsucht nach einem Staat, in dem Sicherheit und Rechtssicherheit gewährleistet sind und der die Grundbedürfnisse der Bevölkerung erfüllt, ist groß. Was Afghanistan braucht, sind sichtbare Erfolge. Unser Ziel ist eine gute langfristige wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung des Landes.
Deswegen ist es wichtig, dass wir weiter an der Seite Afghanistans stehen und das Land dabei unterstützen, die Grundlagen für eine stabile wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen. Wir stellen uns als Bundesregierung dieser Verantwortung und haben das auch schon in der Vergangenheit getan: Wir unterstützen zivile Streitschlichtungsstellen und Anti-Korruptionsbehörden. Zudem wurden allein durch das Engagement des Bundesentwicklungsministeriums 400 Schulen, Berufsschulen und Universitäten neu gebaut, erweitert oder renoviert, wovon knapp 400.000 Kinder und Jugendliche profitieren. Außerdem haben wir über 160.000 Lehrkräfte fortgebildet, davon fast 70.000 Frauen. Wir verbessern die Trinkwasser- und Energieversorgung, den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und investieren in Bildung und Berufsausbildung – das alles sind Erfolge, die bei den Menschen unmittelbar ankommen.
Funktionierende demokratische Strukturen mit fairen und freien Wahlen einerseits und Lebensperspektiven jenseits von Armut, Flucht und Gewalt andererseits sind deshalb zwei Seiten einer Medaille. Unsere größte und wichtigste Aufgabe ist es daher, den Menschen in Afghanistan eine Perspektive zu geben. Die Kinder brauchen Schulen, die Jugendlichen Ausbildung, die Erwachsenen brauchen Jobs – und sie alle die Aussicht auf eine Zukunft in Frieden und Sicherheit in ihrer Heimat.
Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage im Land ist neben der Sicherheitslage ein Schlüsselfaktor für die nachhaltige Entwicklung des Landes und damit für langfristigen Frieden. Auch die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Streitkräfte durch die Resolute Support-Mission hilft Afghanistan dabei, in Zukunft eigenverantwortlich Sicherheit zu gewährleisten.