Zehn Jahre nach dem Völkermord an den Êzîd*innen Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit Frank Schwabe ist nach Irak gereist
Religions- und Weltanschauungsbeauftragter Frank Schwabe: „Der êzîdischen Gemeinschaft eine Zukunftsperspektive in ihrer Heimat zu ermöglichen, bleibt zentrales Thema für die Bundesregierung, nicht zuletzt aufgrund des Bundestagsbeschlusses im Januar vergangenen Jahres, die Gräueltaten an den Êzîdinnen und Êzîden offiziell als Völkermord anzuerkennen. Damit verbunden ist der feste Wille Deutschlands, die von den Gräueltaten des IS betroffenen Menschen in Irak weiter beim Wiederaufbau, bei der Versöhnung und der Bewältigung der schrecklichen Erlebnisse zu unterstützen. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung dafür ein, dass die Verbrechen, die der IS begangenen hat, aufgearbeitet werden und Überlebende und Familien von Vermissten Wiedergutmachung erhalten.“
Auch wenn Irak eine Phase relativer Stabilität erlebt, sind die Nachwirkungen des Krieges, den der sogenannte Islamische Staat über die gesamte Region brachte, noch immer spürbar. Heute leben rund 1,2 Millionen Menschen in Irak als Binnenvertriebene, darunter auch viele Angehörige der êzîdischen Gemeinschaft. Auch wenn sich ihre Lage verbessert hat, stehen die vom Konflikt betroffenen Menschen weiterhin vor großen Herausforderungen. So ist der Norden des Landes auch nach dem Rückzug des IS noch immer stark zerstört. Eine Rückkehr in die befreiten Gebiete um Sinjar gestaltet sich weiterhin schwierig.
Schwabe: „Deutschland unterstützt die irakische Regierung dabei, ein sicheres und würdevolles Leben der Êzîdinnen und Êzîden in Irak zu ermöglichen. Ich habe mir in den letzten Tagen ein Bild von der Lage gemacht. Ich weiß um die schwierigen Debatten auch innerhalb der êzîdischen Gemeinschaft zur eigenen Zukunft im Land. Deshalb habe ich mit vielen verschieden êzîdischen Vertreter*innen darüber gesprochen, wie ein Leben der Êzîd*innen im Sinjar aussehen kann. Mir geht es darum zu verstehen, was die größten Hürden für die Rückkehr in den Sinjar sind und wie wir dazu beitragen können, diese Hürden abzubauen.“
Im Rahmen seiner Reise hat Schwabe mit religiösen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, Vertreter*innen der irakischen Zentralregierung sowie der Regionalregierung Kurdistan-Irak über die Perspektiven für Überlebende des Völkermordes und Binnenvertriebene gesprochen. Auch die Lage weiterer religiöser Gemeinschaften war Thema der Gespräche und Besuche, die Schwabe nach Mossul, Erbil und in den Sinjar geführt haben.
Das Engagement des Entwicklungsministeriums (BMZ) in Nordirak ist Teil eines gesamtirakisch ausgerichteten Engagements: Ziel ist es, zu politischer, sozialer und wirtschaftlicher Stabilität beizutragen und Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Unterstützung allen vom Konflikt betroffenen Menschen unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit zugutekommen soll. Im Fokus stehen dabei vulnerable Menschen, darunter auch die von den Gräueltaten des sogenannten IS besonders betroffene êzîdische Bevölkerung. Bei den Unterstützungsmaßnahmen des BMZ im Distrikt Sinjar stehen der Wiederaufbau von Basisinfrastruktur und Wohnhäusern, die Wiederherstellung von Lebensgrundlagen, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, und die psychosoziale Betreuung im Vordergrund. Das BMZ wird in diesem Jahr 15 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Stärkung lokaler Infrastruktur im Sinjar bereitstellen. Mit den Geldern werden unter anderem schwer beschädigte Wohnhäuser instandgesetzt. Zudem werden Wasserstationen und Verteilungsnetze wiederhergestellt und neue Wasserspeicher für die Versorgung der Menschen in der Region gebaut.